Schloss Gleichenberg
Stmk, Bez.Feldbach, Kg. Bad Gleichenberg
Der Vorgängerbau des heutigen Schloss Gleichenberg war die Burg Alt-Gleichenberg, die 1268 nach der Verschwörung des steirischen Adels durch König Ottokar zerstört wurde. Ihre Überreste liegen nur wenige hundert Meter entfernt auf der gegenüberliegen Talseite.
Schon 1270 wurde mit dem Wiederaufbau begonnen. Die neue Burg dürfte ursprünglich ein eher bescheidener Bau gewesen sein, der erst um 1311 durch Ulrich von Wallsee zu dem Bauwerk erweitert wurde, das sich bis heute - verbaut in des Resten des Schlosses - erhalten hat.
Der Grundriss von Gleichenberg ist ein Unikat, es gibt in Österreich nichts Vergleichbares.
Kernbau der gotischen Burg ist eine Schildmauer von gigantischen Ausmaßen. Sie ist etwa 17 Meter lang und über 5 Meter stark. Die Schildmauer steht etwas schräg zur Angriffsrichtung und kombiniert dadurch die Eigenschaften der Schildmauer mit der eines Keilturmes. Etwa in der Mitte der Schildmauer ist ein älterer Mauerrest zu erkennen, der von der Schildmauer überbaut wurde.
An der Nordecke ist ein eher unförmiger Pfeiler angebaut, der wie man am durchlaufenden Sockel erkennen kann, gleichzeitig mit der Schildmauer errichtet wurde. Seine Funktion kann man am besten erkennen, wenn man in ein nördlich der Schildmauer liegendes Erdloch blickt, von dessen Begehung ich nur eindringlich abraten kann. Man erkennt, daß das heutige Niveau vor der Schildmauer weit über dem natürlichen Niveau liegt, die Schildmauer also noch höher ist als sie heute scheint, weil man auf einem Kellergewölbe (wahrscheinlich des 17. Jahrhunderts) steht.
Die Schildmauer steht an dieser Stelle an einer Felskante, der Pfeiler sollte den Druck auf die Felskante wohl reduzieren und bis auf die nächste Geländestufe ableiten.
Hinter der Schildmauer ist bündig und ohne Baufuge ein Wohnturm von etwa 17 x 15 Metern angebaut. Während die Feldseite wie gesagt 5 Meter stark ist, sind die andern drei Seiten des Wohnturmes mit nur 1 Meter relativ dünnwandig. Eine primäre Mittelmauer trennt den Turm in zwei Hälften. Südseitig ist auf Höhe der Mittelmauer außen ein primärer Mauerpfeiler angestellt.
An der Innenseite der gegen die Angriffsrichtung gestellten Schildmauerecke liegt ein runder Treppenturm der primär zu sein scheint. In ihm führte eine Wendeltreppe in die oberen Etagen des Wohnturmes. Ein aus einer Steinplatte geschnittenes Rundfenster belichtete die Treppe.
Das Konstruktionsprinzip Schildmauer mit dahinter angebautem Wohnturm findet sich in einigen Variationen bei mehreren südsteirischen Burgen des frühen 14. Jahrhunderts (Klöch, Neuhaus am Stubenbergsee, eventuell auf der Festenburg)
Wegen des zunehmenden Verfalls der Schlossruine kommen einzelne Details des gotischen Wohnturmes zu Tage, die bei den Ausbauten der Renaissance und des Barock überbaut wurden. So kann man jetzt einige Spitzbogentüren erkennen die später zugemauert wurden. Von den ursprünglichen Fenstern ist nach den diversen Umbauten kaum etwas erhalten. Nur die massiver Eckquaderung der gotischen Fensternischen ist an der Innenseite noch an einigen Stellen erkennbar.
Der Wohnturm hatte ursprünglich ein Grabendach aus mehreren nebeneinander liegenden Satteldächern, deren Abdruck an der Rückseite der Schildmauer noch erkennbar ist. Später wurden sie dann durch ein einziges sehr hohes Satteldach mit hofseitigem Walm ersetzt, das auf den letzten Fotos des erhaltenen Schlosses zu sehen ist.
Hinter dem Wohnturm lag ein etwa 25 Meter breiter und 40 Meter langer Hof, der von der Ringmauer umschlossen war.
Der Innenhof wurde durch einen frühbarocken Umbau völlig umgestaltet, bei dem auf vier Seiten ein mehrgeschossiger Arkadengang errichtet wurde. Davon hat sich nur noch der an die Rückseite des Wohnturmes angebaute Teil in Resten erhalten ( Foto). Die drei anderen Seiten sie so rückstandfrei verschwunden, daß man darüber nur erstaunt sein kann.
An der Nordseite wurde der Ringmauer im 17. Jh. außen ein Gebäudetrakt vorgebaut, in dessen Keller kann man noch die Außenseite der Ringmauer in voller Raumhöhe sehen kann. Das Mauerwerk zeigt die für das 14. Jahrhundert typischen hohen Kompartimente aus nur wenig bearbeiteten Bruchsteinen.
An der Nordostecke springt ein kurzer Quertrakt im rechten Winkel aus der Gebäudeflucht vor. Knapp zeichnete dort 1930 auf seinem Plan die Kapelle ein, heute ist von einer Kapelle nichts mehr zu erkennen.
Den östlichen Abschluss des Hofes bildete das zweite große gotische Gebäude. Es handelt sich dabei um ein extrem längsrechteckiges Gebäude von 34 x 11 Metern, mit einer Mauerstärke von etwa 130 cm. Alle vier Außenecken des Gebäudes waren ursprünglich etwa 1 Meter breit abgefast. Obwohl die südliche Ringmauer nicht mehr klar erkennbar ist, scheint es als ob dieser längsrechteckige Trakt ca. 10 Meter weit aus der Südseite der Burg ausgekragt wäre.
An der Ostseite, die auch die Außenseite der Burg bildete, haben sich im Erdgeschoß 4 Lichtschlitze erhalten. Alle anderen Maueröffnungen stammen aus Umbauten. Zuletzt wurde das Gebäude um etwa 3 Meter nach Osten verbreitert, wobei die oberen Geschoße auf Mauerbögen ruhten, die so platziert waren, dass die gotischen Lichtschlitze weiter ihre Funktion erfüllen konnten. Dieses Gebäude, das auf Fotos von 1950 noch komplett erhalten war, ist heute völlig verschwunden.
Der Verlauf der südlichen Ringmauer ist wie gesagt nicht mehr klar erkennbar. Sie ist zum Teil unter meterhohen Schutthäufen verschwunden, zum Teil ist sie so dicht mit Schlingpflanzen überwuchert, dass eine Erkundung einfach unmöglich ist.
Ein ohne Baufuge an den Wohnturm anschließendes Mauerstück endet nach etwa 10 Metern in einem Schutthaufen.
Dahinter verspringt die Mauerflucht um etwa 2 Meter in Richtung des Burghofs.
Dort kommt unter dem abblätternden Barockverputz ein in Österreich eher seltener Befund zu Tage: Die hofseitige Mauer des südseitigen Wohntraktes war als (mindestens) dreiteilige, spitzbogige Arkade mit einer Höhe von etwa 6.8 Metern ausgebildet. Die Breite der einzelnen Bögen beträgt etwa 3,4 Meter, die der dazwischen liegenden Pfeiler etwa 1.1 Meter. Die Kanten der Bögen waren ca. 11 cm breit abgefast, die Kanten der Pfeiler nicht.
Im 17 Jahrhundert wurden die Bögen vermauert, der westlichste - der dann die Innenseite der Torhalle bildete - blieb stark verändert erhalten.
Im Obergschoß sind noch die Reste von vermauerten Rechteckfenstern zu erkennen. Die steinernen Fenstergewände wirken sehr grob und sind an der gegen die Wand gerichteten Seite kaum behauen.
Das Schloß hat in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs schweren Schaden genommen, und wurde durch einen Brand am 7.September 1983 entgültig zerstört.
Das Betreten der Schlossruine ist derzeit aus Sicherheitsgründen untersagt
Weiterführende links:
Artikel auf burgenseite.com über Schloß Gleichenberg aus dem Jahr 2002