Die Wandmalereien im Pfaffenstöckl auf Burg Rabenstein-Virgen
Osttirol / Bez. Matrei / Gem. Virgen
Das sogenannte Pfaffenstöckl auf Burg Rabenstein-Virgen ist ein 3-stöckiger Anbau von etwa 7,50 x 4.80 Metern, der in den Zwickel zwischen nordseitige Ringmauer und heute völlig verschwundenem talseitigen Palas eingestellt wurde. Eine detaillierte beschreibung des Gebäudes und der Burg Rabenstei findet man im Beitrag Rabenstein-Virgen auf www.burgenseite.com. Hier soll nur auf die Wandmalereien eingegenagen werden.
Das Gebäude war über hundert Jahre nicht unter Dach und wurde dadurch stark ruinös. Vor der Restaurierung in den 1960er Jahren war das 2. Obergeschoß komplett verloren, vom 1. Obergeschoß fehlte die gesamte talseitige Südwand und die südliche Hälfte der Hofseite.
Trotzdem haben sich im 1.Obergeschoß vor allem an der dem Eingang gegenüber liegenden Westseite noch ausreichend Reste erhalten, um die Gesamtausstattung dieser Wand rekonstruieren zu können.
An der Nordwand führte eine Blocktreppe in das 2. Obergeschoß, die wesentlichen Einfluss auf die Gesamtkomposition hat. Der die Malerei tragende Putz stößt an die 3-eckigen Stufen der Blocktreppe, was diese als vor der Putzschicht datierend ausgibt, vielleicht lediglich im Zuge des Bauablaufs.
Die Treppe beginnt nur etwa 70 cm von der rechten Wand entfernt und führt im Winkel von 45 Grad auf einen über die Schmalseite des Turmes gespannten Unterzug, der 220 cm vom linken Ende – also nicht mittig – liegt.
Der Bereich rechts – also oberhalb der Treppe - wurde mit streng geometrischen Mustern ausgemalt, die man am besten mit quadratischen Kacheln vergleichen könnte. Vier verschiedene Muster sind diagonal gegen links ansteigend – also parallel zur Blocktreppe – angeordnet. Die etwa 27 x 27 cm großen quadratischen Motive liegen in einem etwa 5 cm breiten Fugennetz, wodurch sich ein Raster von etwa 32 x 32 cm ergibt. Das Fugenband ist weiß, mit dünnen roten Linien zu beiden Seiten.
Auf den 4 verschiedenen Kacheln sind stark abstrahierte florale Motive dargestelt.
Gelb : aus einem kreisrunden rotem Zentrum (Blütenstamm) wachsen vier elliptische Blätter gegen die Ecken des umgrenzenden Quadrates hin. Der Hintergrund ist weiß oder eventuell auch beige.
Rot : Aus dem Zentrum laufen vier rote Lilien gegen die Ecken des quadratischen Felds.
Grün : Alle Felder dieses Typs sind stark verwittert, die genaue Form der Blume ist nicht mehr nachvollziehbar. Jedenfalls sind die Blätter grün
Blau? : Dieser Typ ist so stark verwittert, dass weder Farbe noch Form erkennbar sind. Am ehesten waren sie grün oder blau. Lediglich die mit einem Zirkel in den Putz gezeichnete Vorzeichnung ist teilweise zu erkennen.
Die Motive sind in der Reihenfolge gelb, grün, rot, blau angeordnet. Rechts werden sie von einer senkrechten roten, die Raumecken markierenden Linie gegrenzt, links von einer diagonalen roten Linie, die wohl an der Unterseite der Blocktreppe gezogen wurde.
Der Bereich links, also unterhalb der Blocktreppe, wird durch 3 etwa 5 cm breite horizontale Linien in 4 Bereiche geteilt, die durch die Treppe gegen rechts hin begrenzt, nach oben hin immer kürzer werden.
Der unterste Streifen ist ca. 100 cm hoch. Etwa 20 cm über der Fußbodenoberkante sind regelmäßige sich wiederholende Falten zu erkennen. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um den Saum einer Vorhangzone.
Das mittlere Feld ist fast völlig zerstört, nur ganz rechts ist ein roter Farbrest erhalten, der vielleicht als rechter Ärmel einer Figur zu interpretieren wäre.
In der dritten Ebene, die etwa 120 cm hoch ist und bis 30 cm unter die Balkendecke reicht, ist die Figur eines Ritters zu erkennen. Er trägt einen dunkelroten Waffenrock, mit ¾ langen Ärmeln. Darunter ein Kettenhemd, das an beiden Ärmeln und knapp unterhalb der Hüfte unter dem Waffenrock hervorschaut. Die Ärmel enden an den Handgelenken, die Hände liegen also frei. Um die Hüfte ist ein Gürtel geschlungen, an dem ein Schwert mit gerader Papierstange hängt. Die Scheide ist mit überkreuzten Bändern am Gürtel fixiert. Der Ritter trägt keinen Schild. An den Schultern endet der Waffenrock in einer von Schulter zu Schulter reichenden, geschwungenen Linie, was auf eine Kettenhaube mit rundem Schulterabschluss hinweisen könnte. In Summe ist die Rüstung dem 12. bis frühen 14. Jahrhundert zuzuordnen. Der Kopf der Figur ist völlig verblasst. Wenn man davon ausgeht, daß hier nicht ein Geköpfter dargestellt wurde, muß der Kopf die oberste horizontale Begrenzungslinie überschnitten haben.
Der Ritter hat seinen Körper gegen links, also in die nur 1 Meter entfernte Raumecke gewendet, seine rechte Hand scheint nach etwas zu greifen. Dort sind aber nur noch nicht mehr definierbare, etwa runde helle Farbflecken zu erkennen. Rechts des Ritters hat sich die Darstellung von zwei etwa mannshohen Bäumen erhalten. Sie sind stark stilisiert, wirken wie zwei einzelne senkrecht stehende Blätter, und sollen wahrscheinlich einen Wald darstellen.
Zwischen der 4. Trennlinie und er ehemaligen Balkendecke ist noch Platz für einen nur 40 cm hohen Streifen, in dem nur einige nicht näher zuordenbare, rote Farbreste auf hellem Grund zu finden sind.
Die Farbreste an der Südseite sind wesentlich schlechter erhalten. Hier lagen zwei Sitznischenfenster, von denen eines beim Einsturz der Südseite zerstört und danach nicht ganz korrekt wieder aufgebaut wurde. Die beiden Laibungen jedenfalls sind original, wie an den geringen Farbresten zu erkennen ist.
In der Nordostecke (also im Bereich über der Türe) ist der Rest einer stehenden Figur zu erkennen. Über die rechte Schulter fällt ein roter Mantel, der in der Mitte mit einer geraden Kante abschließt. Darunter trägt er ein weißes Gewand, das in der Mitte mit einer senkrechten Bordüre verziert ist. Dort wo der Kopf zu vermuten ist, kann man den Rest einer durch ein rot-gelbes Wellenmuster definierten Fläche erkennen. Möglicherweise handelt es sich dabei um die rechte Körperhälfte eines Bischofs.
Reste einer weiteren rot bekleidete Figur haben sich an der Ostseite, unmittelbar neben dem "Bischof" erhalten. Hier ist der Oberkörper, das Gesicht und dunkelbraune Haare zu erkennen.
Auch die Westseite wird von etwa 5 cm breiten roten und ockergelben Linien in mehrere Einzelflächen unterteilt.
Zwischen den beiden Fenster ist ein hochrechteckiges Feld zu beobachten, das aus einem rot-gelben Rautenmuster geformt wird und von einem breiten gelben Rand umgeben ist.
Daneben ist sehr undeutlich eine weitere Figur zu erahnen. Sie trägt einen roten Umhang, hat die rechte Hand in Richtung des Rautenmusters ausgestreckt. Der Kopf ist von konzentrischen gelben und weißen Kreisen umgeben, wahrscheinlich die Darstellung eines Heiligenscheines.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß wahrscheinlich das gesamte 1. Obergeschoss vollflächig mit Wandmalereien versehen war.
Zu den Fotos ist zu sagen, daß sie durch Erhöhung des Kontrastes und der Farbsättigung am Computer eine Farbbrillianz erhalten haben, die vor Ort so nicht zu sehen ist.
Einige Details der Wandmalereien zeigen erstaunliche Parallelen zu der malerischen Ausstattung der Kirche St.Helena am Wieserberg (Kärnten), die in das späte 13. Jahrhundert datiert werden.
So z.B. die mit weißen Linien gemalten Konturen des Gesichtes..