Neuhaus-Trautenfels
STMK / Bez. Liezen / Gem. Stainach-Pürgg
Das heutige Schloss Trautenfels geht aus der Erweiterung einer Burg des 13. Jahrhunderts hervor. Diese ursprünglich Neuhaus genannte Burg wird um 1260 erstmals urkundlich erwähnt. Der Name verrät, das es sich um einen Neubau handelt, der eine ältere Anlage ersetzte. Dieser Vorgängerbau war die bis heute wenig erforschte „Pfalz der Traungauer“ in Pürgg, von der heute nur die Johanneskapelle mit dem in Österreich einzigartigen Freskenzyklus erhalten ist.
Während Pürgg auf einer gegen Süden senkrecht abfallenden Felskante am Nordrand des Ennstales liegt, wurde „Neuhaus“ in der Talebene erbaut. Man nütze eine etwa 30 Meter hohe felsige Erhebung, die in der sumpfigen Ebene der Ennswiesen guten Schutz bot.
Die Geschichte der Burg im 13. Jahrhundert ist recht turbulent und reflektiert den andauernden Konflikt zwischen dem Landesfürsten und dem Salzburger Fürsterzbischof. Wer die Burg erbaut hat ist nicht restlos geklärt, in einem Urbar von 1265 jedenfalls scheint sie als im Besitz des damaligen Landesfürsten - des Böhmenkönigs Ottokar. Nach dessen Ende fiel Neuhaus an den neuen Landesfürst, König Rudolf von Habsburg. 1282 wurde sie in einer Art Flurbegradigung gegen die Burg Strechau getauscht. In diesem an und für sich sinnvollen Tausch erhielt der Salzburger das näher an Salzburg gelegene Neuhaus und trat dafür das tiefer in der Steiermark gelegen Strechau ab. Weiters wurde in dem Vertrag die Zerstörung einer dritten Burg, namens Vorchtenberg, einvernehmlich beschlossen. Der Tauschhandel führte jedoch nicht zum ersehnten Frieden, weil der Salzburger Erzbischof Neuhaus als Ausgangspunkt für Angriffe auf die Obersteiermark nützte. Herzog Albrecht, Landesfürst der Steiermark und Rudolf v. Habsburgs Sohn, schlug mit aller Kraft zurück und eroberte Neuhaus. Der Reimchronist Ottokar von der Gaal schildert die völlige Zerstörung von Neuhaus, was aber etwas übertrieben erscheint. Albrecht ließ die Burg wiederaufbauen, sie versank aber in der Bedeutungslosigkeit, wohl weil die benachbarte Burg Wolkenstein als Zentrum der landesfürstlichen Macht diente.
Der Erstbau bestand aus einem rechteckigen Wohnbau von 23 x 16 Metern an der Westseite und einer östlich daran angebauten Ringmauer, die einen etwa quadratischen Hof von 20 x 20 Metern umschloss. Dieses für das späte 13. Jahrhundert typische „kistige“ Konzept findet man in beinahe identischen Dimensionen im nahe gelegenen Oberstainach oder im wesentlich besser erhaltenen Mauterndorf in Salzburg. Auch die, trotz des von der Natur vorgegebenen Geländes, strenge Ausrichtung nach den Himmelsrichtungen ist ein typisches Eigenschaft dieses Burgentyps. Im Falle von Neuhaus liegt die Breitseite des Wohntraktes genau in Nord-Südrichtung, die Längsseite der Ringmauer verläuft exakt West-Ost.
Im 14. Jahrhundert wurde an der östlichen Schmalseite der Ringmauer außen ein Bergfried von 11 x 11 Metern und einer Mauerstärke von ca. 150 cm angebaut. Der Turm scheint keine Rückwand zu haben, sondern war zumindest im Erdgeschoss mit seinen seitenwänden an die östliche Ringmauer gestellt. Er steht auch nicht mittig an der Ostwand, sondern ist etwas gegen Süden versetzt. Dabei wurde im Süden auf ein Doppeltrichterfenster in der östlichen Ringmauer Rücksicht genommen. Im Norden lässt der asymmetrisch gestellt Bergfried genug Platz für das Burgtor, das an dieser Stelle zwar logisch aber heute nicht mehr nachweisbar ist. Als weiterer Hinweis auf ein Burgtor an dieser Stelle darf gewertet werden, daß hier ein Keller unter dem Erdgeschoss existiert, wodurch das natürliche Gelände einen Graben vor dem Tor gebildet hätte.
Die Bauuntersuchung durch Gerhard Seebach vor den Sanierungsmaßnahmen der 1990er Jahre ergab, dass die Südseite und insbesondere die Südostecke um 1300 wiederaufgebaut wurden, was auf die für 1289 bezeugte Zerstörung im Kampf zwischen Herzog Albrecht und dem Salzburger Erzbischof zurückgehen könnte. (Siehe auch Statteneck, Waxenegg)
Der Bergfried dürfte im Rahmen dieses Wiederaufbaus zur Stärkung der am meisten gefährdeten Seite der Burg entstanden sein. Er ist in dem heute vollflächig verputzten Gebäude nur noch an Hand seiner Mauerstärke von etwa 2 Metern in den Erdgeschoss-Plänen nachweisbar und beherbergt heute den Museumsshop. Schon im 1.OG ist die Wandstärke nur noch an der Ostfassade erhalten, im 2. OG ist die Südwand des Bergfrieds noch stark genug um in der Mauerstärke ein sehenswertes Badezimmer unterzubringen. Der für diesen Raum überlieferte "geheime Gang" könnte ein Hinweis auf eine Treppe in der Mauerstärke des Bergfrieds sein.
Gleichzeitig mit der erneuerten südlichen Ringmauer entstand der Südtrakt mit Innenmaßen von 7 x 20 Metern. Hier befindet sich heute die zweigeschossige Eingangshalle. Am ehesten läßt sich der Eindruck eines mittalaltrlichen Gebäudes noch im Ausstellungsraum über der Kassa erahnen. Dort fällt auf, dass die Fenster von dem Tonnengewölbe mit Stichkappen angeschnitten werden.
Im 14. Jahrhundert wurde auch an der nördlichen Ringmauer innen ein weiterer Wohntrakt von 5 x 20 Metern angebaut, wodurch sich der Hof auf einen schmalen Streifen von ca. 7 x 20 Metern reduzierte. Von diesem Wohntrakt sind im heutigen Treppenhaus noch die Reste eines Fensters und einer spitzbogigen Türe zu sehen.
Im 16. Jahrhundert schließlich erfolgte ein radikaler Umbau, in dem der über die Jahrhunderte gewachsene Baukomplex in eine einheitliche Planung übergeführt wurde. Dafür wurde der Fassadenrücksprung an der Nordseite im Bereich des Bergfrieds durch einen Bauteil beseitigt und dadurch die heute noch existierende durchgehende Schauseite gegen Norden geschaffen. In diesem Bereich wurden im Zwischengeschoss Renaissance-Malereien aufgedeckt, die Landschaften darstellen und durch ein Wappen des Friedrich Hoffmann von Grünbühel auf die Zeit nach 1563 datiert werden können.
Im Süden wurde an den beiden Enden der Südfassade kurze Quertrakte angesetzt, welche die heute charakteristische U-förmige Südfassade bilden. Im Plan fällt auf, dass diese beiden Trakte weder gleich groß sind, noch den gleichen Grundriss haben, wobei der östliche Teil sowohl kleiner als auch unregelmäßiger ist.
Die ursprünglichen Ausmaße der mittelalterlichen Burg kann man heute nur noch an unerklärlichen Abweichungen von der geplanten Regelmäßigkeit der Fensterachsen erkennen. So mußte z.B. an der Westseite die beiden südlichen (rechten) Fensterachsen nach rechts verschoben werden, weil an ihrem logischen Ort die Ecke des mittelalterlichen Wohnbaus liegt.
Der Innenhof wurde durch den Einbau eines zweigeschossigen Arkadenganges und eines die Gesamtanlage überragenden quadratischen Turmes, von dem man heute einen einzigartigen Ausblick über das Ennstal genießen kann, noch weiter verkleinert.
Dieser Turm ist eigentlich für die Zeit der Renaissance ein Anachronismus, der aber durchaus zeitgleiche Vergleichsbeispiele hat (etwa auf der Schallaburg). Der obere Abschluss des Turmes wurde mehrfach dem Stilempfinden der Zeit entsprechend verändert. So zeigen alte Ansichten eine Zinnenreihe, ein Zwiebeldach und ab 1990 eine Nurglasfassade mit flachem Zeltdach.
Im 17. Jahrhundert schließlich wurde die Trennung von Burg und Schloss endgültig vollzogen, indem die Verteidigungselemente auf eine das Schloss umgebende Bastion konzentriert wurden. Wann die Bastion ursprünglich gebaut wurden ist umstritten. Jedenfalls zeigen die auf 1563 datierten Landschaftsmalereien ein Schloss auf einer Bastion, das eine auffällige Ähnlichkeit mit der Ostansicht von Trautenfels hat.
Der Zugang erfolgte ursprünglich an der Südost-Ecke über eine lange Brücke mit abschließender Zugbrücke. Diese Brücke wurde erst um 1870 unter den Grafen Lamberg durch eine aufgeschüttete Rampe ersetzt und gleichzeitig der Hauptzugang an die Westseite verlegt.
Durch die Verlegung des Zugangs an die Westseite bleibt das sehenswerte Süd-Ost-Portal oft unbeachtet. Das Rustikaportal zeigt über der Rundbogenöffnung einen dorischen Fries mit Triglyphen und Metopen, die diverse Trophäen und das Wappen der Hoffmann zeigen, was den Aufstieg der Familie Hoffmann symbolisieren soll.
Schloss Trautenfels liegt unübersehbar an der Ennstalbundesstraße, direkt an der Abzweigung ins steirische Salzkammergut. Die strategische Lage manifestiert sich heute noch in regelmäßigen Staumeldungen im Verkehrsfunk. Das Schloß ist von Palmsonntag bis 31.Oktober als Filiale des steirischen Landesmuseum Joanneum zu besichtigen und beherbergt jährlich wechselnde Sonderausstellungen, sowie eine sehenswerte heimatkundliche Sammlung.