Kienburg
Osttirol / Bez. Lienz / Gem. Matrei

Die Kienburg liegt auf einem isolierten Felsen, der am südlichen Rand des Iseltals aufragt und mit seinen steilen Felsabbrüchen besten Schutz bietet.

Ich habe die Burg dreimal besucht: Beim ersten Besuch waren nur Fotos aus großer Entfernung möglich. Beim zweiten Besuch kam ich mit dem überaus freundlichen Burgbesitzer ins Gespräch, der meine Frage, ob ich einen Plan der Burg machen könnte mit dem Kommentar: " Was werdens da einen Plan machen, ich habe eh einen, da könnens gern eine Kopie haben" beantwortete. Also konnte ich mit einem Geometerplan 2 Tage ungestört die Burg erkunden und Details und Ergänzungen einzeichnen.
Beim nächsten Besuch 2005 war die Burg saniert, aber wieder versperrt. So spielt das Schicksal.
Daher sind alle Fotos aus dem Inneren der Burg aus dem Jahr 1999, also vor der Sanierung.

Kienburg: Totale aus Richtung Osten. rechts das Feste Haus
Kienburg: Ansicht von Osten. Links der Südtrakt, rechts das Feste Haus (Foto 2005)
Kienburg: Ansicht vom Tal
Kienburg: Ansicht von Süden, links der Südtrakt, rechts die Hofseite des Festen Hauses
Kienburg: Westfassade
Kienburg: Westfassade, links das Feste haus

Die Burg hat im 2. Weltkrieg schweren Schaden genommen, als eine Fliegerbombe direkt im hochmittelalterlichen Wohntrakt einschlug. Das seltsame daran: Der Treffer erfolgte nicht durch eine "smart bomb", ja er war anscheinend nicht einmal beabsichtigt. Wahrscheinlich entledigte sich ein angeschossener US-Bomber seiner Bomben, um das beschädigte Flugzeug zu entlasten und eine der Bomben traf zufällig die Burg. Wie präzise "Bombenschütze Zufall" gezielt hat, wird erst klar wenn man an der Stelle des Einschlages steht: Das Nordende der Burg war ein etwa 15 Meter langes und zwischen 10 und 4 Meter breites, leicht abgewinkeltes Gebäude, das auf einem ebenso schmalen Felsgrat stand. Die Fliegerbombe traf nun genau auf den Scheitel dieses Felsgrates und zerstörte nicht nur das daraufstehende Gebäude, sondern der Explosionsdruck pulverisierte auch den Felsgrat. Nur die eigentliche Einschlagstelle blieb erhalten, weil der Druck nicht nach unten entweichen konnte.  In ihr steckt auch heute noch ein Teil des Stahlmantels der Fliegerbombe. (Zumindest war er 1999 noch dort). Fotos aus den 1920er Jahren zeigen, dass der betroffene Teil des Festen Hauses auch damals schon stark verfallen war, aber die etwa 2 Meter hohen Mauerreste wurden durch die Bombe restlos beseitigt.
Soweit zur Kriegsführung des 20. Jahrhunderts, doch nun zurück zum Mittelalter.

Kienburg: Grundriss und Baualterplan auf Basis Plan Augustin
Kienburg: Grundriss und Baualterplan auf Basis Plan Augustin
Kienburg: In den Burgfelsen gepresster Rest einer Fliegerbombe
Kienburg: In den Burgfelsen gepresster Rest einer Fliegerbombe

Der Grundriss der Kienburg ist recht eigenwillig. Er besteht aus einem, dem Gelände angepaßten von einer Ringmauer umfaßten Hofraum im Süden, und dem schon erwähnten, gegen Norden aus dem Bering auskragenden Wohntrakt im Norden.
Das Mauerwerk der ersten Bauphase besteht aus in schönen Einzellagen gelegtem Bruchstein, mit eingeschoben Opus-spicatum Lagen, und dürfte noch aus dem 12. Jahrhundert stammen.

Kienburg: Mauerwerk an der westlichen Ringmauer
Kienburg: Mauerwerk an der westlichen Ringmauer (Foto 1999)
Kienburg: Mauerwerk und vermauerter lichtschlitz an der Ostsseite des Festen Hauses
Kienburg: Mauerwerk und vermauerter Lichtschlitz an der Ostsseite des Festen Hauses

Das Feste Haus

Der nördliche Wohntrakt, den man wohl als "Festes Haus" bezeichnen kann, hatte 5 Stockwerke, von denen die unteren 3 zum Erstbau der Burg gehören und noch in das 12.Jahrhundert zu datieren sind. Um 1400 wurde das Gebäude um 2 Stockwerke erhöht und in den unteren Stockwerken wurden neue Fenster und Türöffnungen ausgebrochen. Der ursprüngliche Hocheinstieg lag im 2.Obergeschoss. Der Großteil der heute erhaltenen Tür- und Fensteröffnungen gegen den Hof stammt aus der Spätgotik. Auffällig  sind eine Reihe von sehr kleinen, vermauerten Lichtschlitzen, deren Seiten von hochkant gestellten Steinplatten gebildet werden. Solche Lichtschlitze findet man gewöhnlich im Erdgeschoss, im 2. Obergeschoss sind sie ungewöhnlich, es gibt aber auch dafür Vergleichsbeispiele (Bergfried Hieburg) .

Kienburg: Bauaterplan der Hofseite des Festen Hauses
Kienburg: Baualterplan der Hofseite des Festen Hauses

Kienburg: Fassade des Festen Hauses (Foto 1999)
Kienburg: Fassade des Festen Hauses (Foto 1999)

Kienburg: sekundär verbautes, gotisches Portal an der Hofseite des Festen Hauses (Foto 1999)
Kienburg: sekundär verbautes, gotisches Portal an der Hofseite des Festen Hauses (Foto 1999)
Kienburg: spätgotisches Rechteckfenster an der Hofseite des Festen Hauses
Kienburg: spätgotisches Rechteckfenster an der Hofseite des Festen Hauses

Der Grundriss des Festen Hauses ist recht eigenwillig: Seine gegen den Hof gerichtete Fassade liegt bündig in der Ringmauer, das Haus selbst steht außerhalb der Ringmauer auf dem ehemals wohl kaum erreichbaren Felskopf. Das Haus ist an der Hofseite etwa 9,5 Meter breit, verjüngt sich gegen das Ende des Felskopfes hin und knickt leicht gegen Westen ab.
Die genaue Ausdehnung des Hauses läßt sich wegen des Bombentreffers heute nicht mehr feststellen, weil wie gesagt auch das Felsfundament völlig zerstört wurde.
An der Westseite mehrere Rundbogenfenster in Flachbogennischen.

Kienburg: gotische Rechteckfenster an der Hofseite des Festen Hauses (Foto 1999)
Kienburg: gotische zweilichtige Rechteckfenster an der Hofseite des Festen Hauses (Foto 1999)
Kienburg: Rundbogenfenster und Rechteckzinnen im obersten Geschoss des Festen Hauses
Kienburg: Rundbogenfenster und Rechteckzinnen im obersten Geschoss des Festen Hauses
Kienburg: 1.Obergeschoss Süd und Westseite des Festen Hauses (Foto 1999)
Kienburg: 1.Obergeschoss Süd und Westseite des Festen Hauses (Foto 1999)
Kienburg: Erdgeschoss Hofseite des Festen Hauses
Kienburg: Tür und Fenster im Erdgeschoss Hofseite des Festen Hauses (Foto 1999)

Der Südtrakt:

An der gegenüberliegenden Seite des Hofes steht ein weiteres Wohngebäude, das in die Südostecke des Berings eingestellt war, das heute einen völlig falschen Eindruck von der ursprünglichen Kubatur gibt. Denn sowohl die West- als auch Südecke des Gebäudes waren ursprünglich an die Ringmauer angestellt, die heute aber vollständig verschwunden ist. Daher fehlen heute 2 Aussenwände und der Gebäuderest dort mit einer glatten, nicht gequaderten Kante. Nur an der Ostecke stand das Gebäude frei und hat sich dort mit einer gequaderten Kante erhalten.
Das Gebäude war ursprünglich mit einer Nord-Süd verlaufenden Quermauer in zwei längsrechteckige Teile geteilt. Durch den Verfall der westlichen Ringmauer ist der westliche Teil heute kaum als Gebäude wahrnehmbar.
Der Wohnbau hatte ursprünglich nur 2 Stockwerke. Aus dieser ersten Bauphase sind nur an der Hofseite ein LIchtschlitz und eine vermauerte Türe erhalten.
An der Ostseite, und wohl auch an den beiden von der Ringmauer gebildeten  Seiten, gab es keine einzige Öffnungen.
Um 1400 wurde der Südtrakt um eine weiteres Geschoss aufgestockt, wobei in der Aufstockung eine deutliche senkrechte Baufuge zu beobachten ist. In der Aufstockung ist eIne Türe ia der Ostseite so angelegt, dass die Türnische in Richtung Hof liegt. Das deutet darauf hin, dass mit der Aufstockung auch der Hof östlich des Gebäudes verbaut wurde. Davon ist heute nur ein gericnger Mauerrest erhalten.
Die gesamte Südseite des Gebäudes ist offensichtlich zerstört worden und wurde danach provisorisch wiederaufgebaut, wobei die Länge geringfügig verkürzt wurde. Dabei dürfte es sich um Reparaturarbeiten nach einem für das Jahr 1579 dokumentierten Brand handeln.

Kienburg: Südtrakt, Bauphasenplan (1999)
Kienburg: Südtrakt, Bauphasenplan (1999)
Kienburg: Südtrakt Hofseite (Foto 1999)
Kienburg: Südtrakt Hofseite (Foto 1999)
Kienburg: Südtrakt von Osten gesehen
Kienburg: Südtrakt von Osten gesehen. Die Türe in der Aufstockung hat die Nische zum Hof gerichtet.

 

Kienburg: Südtrakt von Südosten
Kienburg: Südtrakt von Südosten
Kienburg: Lichtschlitz im Erdgeschoss des Südbaus
Kienburg: Lichtschlitz im Erdgeschoss des Südbaus
Kienburg: horizontale und vertikale Baufuge der aufstockung des Südtaktes
Kienburg: horizontale und vertikale Baufuge der Aufstockung des Südtaktes

Der Zugang zur Burg kann wegen der Ausformung des Burgfelsens nur von Süden erfolgt sein. An welcher Stelle genau man die Burg betrat, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Südlich vor der Hauptburg sind noch geringe Reste von weiteren Mauern zu beobachten, die sich aber weder in ihrem Verlauf, noch in ihrer Errichtungszeit näher bestimmen lassen. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um die Reste eines Zwingers.

Die östliche Ringmauer ist fast völlig verschwunden. Nur unterhalb der Burg, in eher schwer zugänglichem Gelände lassen sich noch die Fundamentreste  erkennen. Auch hier ist das Mauerwerk streng lagig, die Mauerschale aber großteils verschwunden, die Mauerfüllung in opus-spicatum.

Kienburg: Reste der östlichen Ringmauer (Foto 1999)
Kienburg: Reste der östlichen Ringmauer (Foto 1999)
Kienburg: Als opus spicatum in Schichten gemauertes Füllmauerwerk
Kienburg: Als opus spicatum in Schichten gemauertes Füllmauerwerk

Der Ostturm:

In die Nordostecke der Ringmauer ist neben dem Festen Haus - ein weiterer kleiner Wohnbau eingestellt, der einer späteren Bauphase angehört und heute stark verfallen ist. Das Erdgeschoss hat einen Eingang vom Hof und war mit einem Tonnengewölbe ausgestattet. Ein durch die Mauerstärke führender Kaminabzug könnte auf die Funktion als Küche hinweisen.
Darüber lag ein  Wohngeschoss mit einem rechteckigen Sitznischenfenster zum Hof  und einem rundbogigen Sitznischenfesnter an der Nordseite. Da das Gebäude in eine Ecke der Ringmauer eingestellt ist, dürfte das rundbogige Sitznischenfenster an der Nordseite einer früheren Bauphase angehören. Ein baugleiches Fenster befindet sich an der östlichen Ringmauer, im Bereich des Hofes, wo heute gar kein Gebäude steht. Das legt des Schluss nahe, dass der heutige Hof ursprünglich mit einem Gebäude verbaut war, das vor der Fassade des Festen Hauses stand.

Kienburg: kleiner Wohnturm
Kienburg: kleiner Wohnturm
Kienburg: Ostturm, Rechteckfenster zum Hof im 1. Obergeschoss
Kienburg: Ostturm, Rechteckfenster zum Hof im 1. Obergeschoss
Kienburg: westliche Ringmauer mit Sitznischenfenster ohne Gebäude
Kienburg: westliche Ringmauer mit Sitznischenfenster ohne Gebäude
Kienburg: Sitznischenfenster
Kienburg: Sitznischenfenster