Gutrat
SBG / Bez. Hallein / Gem. Hallein
Gutrat liegt etwa 5 km nördlich von Hallein auf einer quer zum Hang verlaufenden Felsrippe, die unterhalb einer leichten Senke fast senkrecht ansteigt, um danach ebenso senkrecht gegen das Tal hin abzufallen. Als Bauplatz stand also nur der Scheitel dieses Felskamms zur Verfügung: dort konnte am höchsten Punkt des Felsens eine einigermaßen ebene Fläche von 19x9 Metern geschaffen werden.
Auch der Zugang zur Burg erfolgte auf dem schmalen Scheitel des Felsgrat, der auf einer Länge von etwa 50 Metern von Süden nach Norden steil ansteigt: Der Weg führt zuerst westlich der Burg auf einem schmalen Felsband, teils auf einer kaum noch erhaltenen Futtermauer bis zur Südende des Felsgrates. Auf diesem links von einer glatten Felswand begleiteten Pfad ist ein erstes Tor zu vermuten.
Am südlichen Ende des Felskamms beschreibt der Weg in einem Schalenturm eine 180 Grad Kurve. Das zweite Tor, das man in diesem Bereich vermuten darf ist ebenfalls völlig verschwunden.
Von dort führt der Weg in einem nur wenige Meter schmalen Zwinger steil bergauf zu einem zweiten Torturm. 1997 musste man hier noch möglichst schwindelfrei auf dem auf beiden Seiten steil abfallenden Felsen hinaufklettern, heute können die Besucher auf einer Stahltreppe mit Geländer gesichert zur Burg hochsteigen. Der Torturm verbaute mit seinen 5 Metern Breite den gesamten zur Verfügung stehenden Platz auf dem Felsgrat. Hier waren also Tor 3 (Eingang) und Tor 4 (Ausgang) zu passieren. Von diesem dritten Tor hat sich noch links der Türöffnung das aus dem Stein gehauene Gelenk des für den Türflügel erhalten.
Danach folgte ein weiterer Zwinger, gefolgt von einem weiteren, in einer Quermauer liegenden Tor (Tor 5). Dahinter liegt ein winziger Hof von gerade einmal 7x7 Metern. Westlich des Tores sind die Reste eines in etwa rundbogigen Mauerverlaufes zu erkennen, dessen Funktion ungeklärt bleibt. Mögliche Erklärungen wären eine Zisterne oder ein Kalkbrennofen.
Von diesem Hof führt der Burgweg noch einmal steil bergauf zur eigentlichen Hochburg, die eine Grundfläche von nur 19 x 9 Metern hat. Sie besteht aus nur zwei hintereinander gestaffelten Gebäudeteilen, die aber zeitgleich errichtet wurden: Zuerst ein Wohnturm von etwa 9 x 6 Metern der die gesamte Breite des Felsgrates einnahm. Daher wurde der Weg nicht um den Turm herum , sondern im Erdgeschoss durch den Wohnturm hindurch geführt. Diese Konstellation ist selten, aber nicht einzigartig. Als Vergleichsbeispiel könnte Gutenstein in NÖ angeführt werden. Auch dort ist der Zugang bis zum Wohnturm so steil und gut abgesichert, dass man dieses Risiko leicht eingehen konnte.
Die Westseite (Bergseite) des Turmes ist fast völlig verschwunden, die Talseite noch 3 Stockwerke hoch erhalten. Dabei fällt auf, daß trotz der geringen Fläche des Wohnturmes die Geschosse in zwei Hälften mit unterschiedlichen Niveaus unterteilt waren. Jedenfalls liegen die erhaltenen, bzw. rekonstruierbaren Türen in die oberen Geschosse des Wohnturms um bis zu 1 Meter in der Höhe versetzt.
Auffällig und rätselhaft ist die Konstruktion des Tores: Sowohl Eingang als auch Ausgang des Turmes haben eine Leibung die über zwei Stockwerke reicht und an der keine Unterbrechung für den dazwischen liegenden Fußboden erkennbar ist.
Bei den Restaurierungsarbeiten um 2000 wurden aus dem Wohntrakt Unmengen von Schutt entfernt. An dem Gewände des hinteren Tores läßt sich erkennen, daß das Geländeniveau von 1997 um fast 2 Meter abgesenkt wurde.
An den Wohnturm schließen in gleicher Breite zwei hintereinander liegende Wohnräume an. Die Türe vom Wohnturm in die Wohnräume lag nicht in der hinteren Wand des Wohnturms, sondern in einer sekundär dahinter angestellten Wand.
Ebenso ist die Trennwand zwischen den Wohnräumen nachträglich mit einer deutlichen Baufuge eingestellt. Primär sind dagegen zwei talseitige Lichtschlitze im Erdgeschoss.
Der Versuch den einzelnen Räumen Funktionen zuzuordnen bleibt problematisch :
Jedenfalls betrat man die Burg im Erdgeschoss des Wohnturms (Tor 6), ein niederer Durchgang führte durch den Wohnturm hindurch (Tor 7). Rechts des Durchgangs war mit einer Mauer ein fensterloser Kellerraum abgetrennt. Auch das Erdgeschoss des Wohntraktes war mit knapp unterhalb der Decke liegenden schmalen Lichtschlitzen versehen, dürfte also ebenfalls ein Keller gewesen sein. Das bedeutet, dass unmittelbar hinter dem Wohnturm eine Treppe in die Wohnräume im ersten Obergeschoss des Wohntraktes geführt hat. Darüber lag noch ein zweites Obergeschoss, das aber bis auf die Anschlüsse an den Wohnturm völlig verschwunden ist.
Im ersten Obergeschoss des Wohntraktes führte eine breite Türe in den Wohnturm, die direkt über dem Durchgang im Erdgeschoss lag. Sie war mit einem Rundbogen aus Tuffstein abgeschlossen (heute in Stahlbeton), am Bogenansatz sind noch Reste eines Kämpfersteins zu sehen. All das erinnert an den Eingang in eine Kapelle, was auch gut zu der Lage über dem Tor passen würde (als Vergleich wiederum Gutenstein- NÖ, wo diese Konstellation noch besser erhalten ist ).
Vom zweiten Obergeschoss des Wohntraktes führten zwei Türen in den Wohnturm, die wie gesagt in der Höhe leicht versetzt sind.
Auf einer historischen Zeichnung (19. Jahrhundert) ist oberhalb dieser Türen noch ein heute verschwundener Mauerzahn zu erkennen, der auf mindestens ein weiteres Geschoss des Wohnturmes schließen läßt.
Vergleich des Zustands 1997 und 2006: Gutrat unter Vorher-Nachher
Etwa 100 Meter entfernt liegen versteckt im Wald, die Reste einer zweiten, wahrscheinlich älteren Anlage, die in den spärlichen Quellen als Rossstall bezeichnet wird.