Fragenstein
Tirol / Bez. Innsbruck-Land / Gem. Zirl
Die Ruine der Burg Fragenstein liegt im Inntal, nördlich von Zirl, auf einer schmalen Felsrippe, die gegen Süden steil zum Inntal und gegen Osten fast senkrecht zur Schlossbergklamm hin abfällt. Der einzige mögliche Zugang an der Westseite wird vom mächtigen Bergfried beherrscht. Er ist noch in voller Höhe erhalten. Jedoch stürzte Ende des 19.Jahrhunderts seine Nordostecke in die Schlucht, und mußte um 1960 wieder aufgemauert werden.
Der Bergfried:
Der quadratische Turm mit etwa 11 Meter Seitenlänge zeigt alle Anzeichen von Bewohnbarkeit. Er misst innen etwa 6,5 x 7,0 Meter, verfügte also über 50 m2 Wohnfläche pro Stockwerk.
Das Erdgeschoss, das "Verließ", hatte nur einen nach Süden gerichteten Lichtschlitz und war wohl nur vom 1.Obergeschoss aus über eine Treppe oder Leiter erreichbar.
Das 1. Obergeschoss war zugleich das Eingangsgeschoss: ein rundbogiger Hocheinstieg lag in der Mitte der Südseite, die von der Angriffsseite aus nicht einsehbaren war. Eine zweite Türe befand sich an der Ostseite, diese wurde aber durch den Einsturz der NO-Ecke fast völlig zerstört.
In der SO-Ecke des Wohnturms befindet sich ein Kamin, der in dieser Form in Österreich einzigartig ist. Es ist kein Mantelkamin, bei dem ein aus der Mauerflucht auskragender "Mantel " aufgemauert wurde um den Rauch aufzufangen und in den Rauchfang abzuleiteten, sondern die Feuerstelle selbst lag vertieft in der Mauerstärke.
Die Ränder der längliche Nische sind zur Gänze gequadert, was auf das Fehlen eines auskragenden Kaminmantels hinweist. Knapp unterhalb der Holzdecke verzieht der Rauchfang zur Gänze in der Mauerstärke und verläuft hinter einer weiteren Kaminnische im darüberliegenden Geschoss.
Die Südwestecke des 1.OG war verputzt.
Mir unerklärlich sind die unterschiedlichen Balkenlöcher der Decke an der Ost- und Westseite. An der Ostseite wechseln sich quadratische und doppelt so hohe rechteckeige Balkenlöcher ab. An der gegenüberliegenden Westseite sieht man nur schwache quadratische Balkenlöcher, die gegen Süden immer dünner werden.
Das völlig unverputzte 2.OG hat ebenfalls einen Kamin und Türen an den sicheren Süd- und Ostseiten. Weiters eine etwa 2 Meter über dem Fußbodenniveau gelegene Türe, die später zu einem Rechteckfenster verändert und noch später vermauert wurde.
Die gegen die Angriffseite gestellten Nord- und Westseiten sind fensterlos. Allerdings wurden, wohl in der Spätgotik oder danach an der Westseite Scharniere für Klappläden angebracht, hinter denen aber keine Fenster lagen. Sie dienten wohl nur zur Auflockerung der Fassade ( Siehe Blindfenster )
Das Mauerwerk zeigt sorgfältig in Einzellagen verlegten Bruchstein, mit gelegentlichen Einschüben von "opus spicatum". Unter den abbröckelnden, spätmittelalterlichen Putz kommt Fugenstrich zum Vorschein. Die Ecken sind durch Buckelquader betont, was auf eine Errichtung im frühen 13. Jahrhundert hindeutet.
Das 3.OG ist wahrscheinlich sekundär aufgesetzt. Das Mauerwerk ist deutlich weniger sorgfältig, die Laibungen der Fenster nicht gequadert. Darüber liegt noch ein weiteres, völlig fensterloses Geschoss, das vielleicht nur zur Abdeckung einer Dachkonstruktion diente. Es scheint jedoch, daß zumindest die Südseite des 4. OG primär ist, wie eine deutliche Baufuge anzeigt. Warum wird mir sicherlich auch noch einmal einfallen, am wahrscheinlichsten scheint mir ein Zusammenhang mit dem dort in der Mauerstärke nach oben führenden Kamin.
Von der romanischen Burg hat sich noch die geknickte westliche Ringmauer in Teilen erhalten. Sie zeigt dieselbe Mauerwerksstruktur wie der Bergfried. Wahrscheinlich lag zwischen dem ursprünglichen romanischen Palas und dem Bergfried ursprünglich ein kleiner Hof.
In der fortgeschrittenen Gotik wurde der Hof zu Gunsten von mehr Wohnfläche überbaut und ein neuer Palas direkt an den Bergfried angebaut, dessen Giebellinie noch deutlich im Verputz des Turmes zu erkennen ist. Der neue Palas verstellte den Lichtschlitz im Kellergeschoßes des Bergfrieds und die südseitigen Einstiege des Bergfrieds waren nur noch vom Palas aus erreichbar.
Weiters wurde östlich davon ein zweites Gebäude errichtet, das mit einem zum Palas parallelen Dach überdeckt wurde. Dieses Gebäude ist bis auf geringste Reste verschwunden, was ein sicheres Zeichen für eine Datierung in die Spätgotik ist.
An der Talseite knickt die Ringmauer, das natürliche Gelände ausnützend, im rechten Winkel gegen Osten ab und schließt die Burg gegen das Tal hinab. Die talseitige Ringmauer verläuft hier fast 30 Meter gegen Osten und umschließt so auf drei Seiten eine fast senkrecht abfallende Felsrippe, die etwa 15 Meter lang und nur etwa 5 Meter breit ist. Dort finden sich noch geringe Mauerreste, die aber weder eine Datierung noch eine Deutung zulassen.
Eine weitere Ringmauer läuft vom Bergfried abwärts gegen den Feldseite. Ihr wurde in einer späteren Bauphase ein Torturm vorgestellt. Auch davon sind nur noch geringe Reste erhalten.
Etwa 100 Meter nordwestlich der Burg steht auf einer Anhöhe über der Burg der sogenannte Weinecker Turm. Dieses gotische Vorwerk sollte eine Kuppe befestigen, die einen idealen Ort für einen Angriff auf die Burg darstellt.
Das unstrukturierte Mauerwerk, eine Rechtecktüre mit spornförmigen Anläufen, sowie Eckquader mit Zangenlöchern datieren den Turm frühestens in das fortgeschrittene 14. Jahrhundert.
Im obersten Geschoß findet sich eine großformatige rundbogige Öffnung, die leicht aus der Mittelachse verschoben ist, und fast die gesamte Breite des Innenraums einnimmt. Über Sinn und Zweck dieser Öffnung, die - mit teilweise erheblich früheren Datierungen - vermehrt in Südtirol zu finden sind, rätselte schon Weingartner in den 60'er Jahren und seither ist man nicht viel klüger geworden. Die heute plausibelste Erklärung ist ein Zusammenhang mit einer hinter der Öffnung eingebauten hölzernen Stube.
Ein sehenswertes Video mit Rekonstruktion der Burg Fragenstein, erstellt von der Burghauptmannschaft Österreich (Youtube).