Der gotische Palas der Frauenburg
STMK / Bez. Murtal / Gem. Unzmarkt-Frauenburg
Der gotische Wohnbau der Frauenburg wurde durch Überbauung der talseitigen Ringmauer errichtet und ist durch einen schmalen Verbindungsbau mit dem romanischen Palas des 13. Jahrhunderts verbunden.
Als „terminus ante“ gilt der Teilungsvertrag von 1385, in dem der Bau schon als der „neue Stockh“ beschrieben und dem Hans von Liechtenstein übergeben wurde, während sein Bruder Andree von Liechtenstein den alten, romanischen Palas bekommen sollte.
Das Gebäude wurde über die talseitig an den romanischen Palas angestellte Ringmauer gestellt, weshalb diese leicht schräg durch das Gebäude verläuft. Die neu errichtete hofseitige Mauer, mit der Großteils noch erhaltenen Fassade, verläuft in etwa rechtem Winkel zur Schmalseite des Palas und dadurch schräg zur Mittelmauer. Daraus ergibt sich ein stark verzogener Grundriss der hofseitigen Gebäudehälfte, mit einer Breite von nur 5 Metern auf der Südseite und 9 Metern auf der Nordseite.
Die talseitige Mauer dagegen ist vollständig verfallen, weshalb sich der Grundriss der talseitigen Gebäudehälfte nicht mehr eindeutig feststellen lässt. Die historischen Planaufnahmen deuten aber auf einen rechteckigen Grundriss hin, wobei die talseitige Mauer also parallel zur Mittelmauer war.
Die schräg durch das Gebäude laufende Ringmauer wurde mit wenigen Ausnahmen unverändert belassen, pro Etage wurde nur eine einzige Türe als Verbindung der beiden Gebäudehälften durch die Ringmauer gebrochen.
Mittels der noch Großteils erhaltenen hofseitigen Fassade und einiger historischen Fotografien lässt sich die Geschoßeinteilung noch gut nachvollziehen. Es gab ein Erdgeschoß und 3 Obergeschoße, wobei das 2. Obergeschoß mit fast 6 Metern Raumhöhe besonders repräsentativ angelegt war.
Insgesamt standen fast 880 m2 Wohnfläche auf 4 Etagen zur Verfügung.
Erdgeschoß: ca. 220 m2
Der Eingang befand sich an der Südecke der Fassade im Erdgeschoß. Davon ist nur noch die Türnische in Resten erhalten, das Gewände ist vollständig verloren gegangen. Die Nische ist deutlich höher als die Nischen zweier weiterer Öffnungen, die folglich wohl zu kleinen Fenstern gehört haben dürfte. Hier darf man am ehesten die - für Erdgeschoßlagen üblichen - hochrechteckigen Lichtschlitze annehmen.
Die drei massiven Mauerpfeiler, die heute das Aussehen der Fassade prägen, sind rezente Sicherungsmaßnahmen.
Auf dem Foto von 1870 ist am Nordende der Trennwand eine Türe in die talseitige Gebäudehälfte zu erkennen. An der talseitigen Fassade zeigen Vischer und Merian übereinstimmend 4 Lichtschlitze.
In der hofseitigen Gebäudehälfte war eine Holzbalkendecke verbaut, für die etwa 20x20 cm starke Balken im Achsabstand von nur 50 cm über die Schmalseite verlegt wurden. Die Balken sind an der Hofseite tief eingemauert, in der Zwischenmauer (also der älteren Ringmauer) nur flach eingestemmt.
An der Talseite ist noch auf Höhe der Decke ein Mauerrücksprung an der Mittelmauer (ehemalige Ringmauer) zu erkennen, der ebenfalls auf einer Balkendecke schließen lässt. Für das Auflager eines Tonnengewölbes liegt der Mauerrücksprung zu hoch.
1. Obergeschoß:
Die hofseitige Fassade zeigt im 1. Obergeschoß zwei Sitznischenfenster mit deutlichem Giebelsturz. Die Sitznischen sind etwa 160 cm breit, 280 cm hoch und hatten gemauerte Sitzbänke. Wand und Sitznische sind verputzt, die Putzkanten sind abgefast. Unter dem Putz sind Sandsteinquader als Ecken der Nischenlaibung zu erkennen.
Die Fenstergewände fehlen komplett. Bei einem vermuteten Errichtung um 1350 darf man hier wohl ein zweiachsiges Rechteckfenster, eventuell auch eine frühes Kreuzstockfenster vermuten.
Die Raumhöhe betrug hier schon beachtliche 450 cm. Die Decke war wieder eine Holzbalkendecke aus eng verlegten Holzbalken von ca. 20x20 cm.
Eine Türe in der SW Ecke führte zum Zwischentrakt. Ob das der primäre Zugang war oder aus einer späteren Ausbauphase stammt ist wegen des heutigen Zustands nicht mehr zu klären. Daher ist auch die ursprüngliche Vertikal-Erschließung zum EG und zum 2.OG nicht mehr feststellbar.
Eine einzelne Türe in der nördlichen Hälfte der Trennmauer verband die beiden Gebäudehälften.
Die talseitige Gebäudehälfte zeigt auf dem Foto von 1870 zwei Deckenkonstruktionen. Einerseits die schon bekannte in engem Abstand verlegte Holzbalkendecke, andererseits Konsolen eines vierjochigen Kreuzgratgewölbes. Von den Konsolen ist heute noch eine in Resten erhalten (Datierung 15./16. Jh.?)
Was die talseitige Befensterung betrifft ist Merian hier mehr zu trauen als Vischer der überhaupt nur 3 Geschoße zeigt, was nachweislich falsch ist.
Merian zeigt 3 Rechteckfenster in unregelmäßigen Abständen und ohne Bezug zu dem Achsraster der darüber liegenden Geschoße.
Auf den relevanten Fotos ist im 1.OG keine Verbindungstüre vom Palas zur St. Martin-Kapelle zu sehen, der Zugang zur Kapelle kann folglich nur direkt vom Hof aus erfolgt sein.
2. Obergeschoß:
Das 2. Obergeschoß dürfte nach den Befunden das eigentliche Wohn- und Repräsentationsgeschoß gewesen sein. Die gesamte Hofseite des Gebäudes wurde von einem Saal mit knapp über 100 m2 Fläche eingenommen, mit einer Länge von 18,45 Metern und einer Breite zwischen 8.05 Metern an der Nordseite und nur 3.05 Metern an der Südseite.
Zunächst fällt die enorme Raumhöhe von etwa 6,5 Metern auf. An der Hofseite hat der Raum Fenster in zwei Ebenen:
Zunächst 4 Sitznischenfenster in leicht giebelförmigen Nischen. Die Sitznischen sind etwa 160 cm breit aber mit „nur“ 240 cm Höhe deutlich niederer als die im 1. Obergeschoß.
Die Fenstergewände sind vollständig verloren, aber an der Außenseite lässt sich noch der Abdruck eines waagrechten Sturzes im Mauerwerk erkennen. Wahrscheinlich handelte es sich also um hochrechteckige Fenster, eventuell zweiachsig mit einem steinernen Mittelpfosten. (Vergleich Neuhaus an der Donau, wobei auch hier auffällt, dass die oberen Fenster gegenüber der Fensterachse der unteren Fenster leicht verschoben sind).
Eine zweite Fensterreihe liegt in etwa 4,5 Metern Höhe über dem Fußboden und besteht aus drei nach oben trichternden Laibungen, die an der Hofseite in querrechteckigen, gefasten Gewänden enden. Der Sturz der Laibung besteht aus 3 parallel verlegten Holzbohlen. Die Fenster scheinen mittels eines hölzernen Schiebeladens verschließbar gewesen zu sein.
In diesem Geschoß sind zwei Putzschichten zu sehen, die beide in die Fensternischen laufen.
Über der dritten Fensterachse (von innen gesehen) fehlt das querrechteckige Fenster. Dort setzte aber ein Schwippbogen an, dessen Konsole noch an der hofseitigen Wand zu sehen ist. Hier läuft die ältere Putzschichte unter dem Bogen durch, während die neuere am Bogen endet, was diesen als nachträglichen Umbau ausweist. Der Schwippbogen überspannte wohl die Raumbreite, die hier etwa 650 cm beträgt und lag auf der Mittelmauer auf, die heute in diesem Bereich aber schon verfallen ist.
Welche Funktion der Schwippbogen hatte ist unklar. Er kann keine komplette Mauer im 3. OG getragen haben, da diese in ein Fenster eingeschnitten hätte. Auf alten Fotos ist aber im Bereich der Trennmauer an dieser Stelle ein kurzes, mit einer glatten Kante endendes Mauerstück zu sehen. Am wahrscheinlichsten halte ich eine Unterkonstruktion für einen nachträglich eingebauten Kamin/Schornstein.
Hofseitig und an der südlichen Schmalseite ist deutlich der Abdruck einer geraden Zwischendecke zwischen den beiden Fensterebenen zu sehen. Wahrscheinlich handelte es sich bei den oberen querrechteckigen Fenstern um die Belüftung des Raumes über einer Zwischendecke. Ein hölzernes Tonnengewölbe scheidet aus, weil auch an der Schmalseite der Abdruck der Decke gerade ist. Möglich wäre aber eine Art von hölzernem Klostergewölbe, wie es etwa im sog. Rittersaal von Schloß Goldegg erhalten ist (um 1530).
Der Raum hatte 3 Türen:
An der Nordecke führte eine Türe in die talseitige Gebäudehälfte, wo eine Stube zu vermuten ist.
Eine weitere Türe führte in die nördlich angrenzende St. Martins Kapelle
Eine dritte Türe schließlich führte an der südlichen Schmalseite in den dreieckigen Zwischentrakt, der den gotischen Wohnbau mit dem romanischen Wohnturm verbindet. Das steinerne Gewände ist völlig verloren, dürfte aber spitzbogig gewesen sein. Hier führen in der Mauerstärke 5 Stufen nach unten.
Stube:
Bei der talseitigen Hälfte des 2. Obergeschoßes fällt auf dem Foto von 1870 auf, dass die Nordhälfte (mit der Türe zum Saal) nicht verputzt war. Wenn man sich fragt, warum an dieser privilegierten Stelle (Hauptgeschoß, westseitig, sonnig, sichere Talseite) auf Verputz verzichtet wurde, fällt zuerst eine Stube als Lösung ein, weil hier die Holzwände den Verputz ersetzten. Das würde auch ins Raumkonzept eines Appartements passen, mit dem „Saal„ an der Hofseite, einer von dort zugänglichen Stube und weiteren Privaträumen (Schlafkammer, Abort etc.), die wiederum nur von der Stube aus zugänglich waren.
Die südliche Raumhälfte ist wiederum verputzt. Über die gesamte Gebäudebreite ist auf dem Foto von 1870 ein etwa 170 cm hoher Streifen abgesetzt, bei dem ebenfalls der südlich Teil verputzt, der nördliche unverputzt ist, wobei die Grenze gegenüber dem unteren Bereich etwas nach Norden verschoben ist.
Die Höhe entspricht etwa dem Bereich der Zwischendecke die an der hofseitigen Gebäudehälfte im 2. OG.
Anscheinend wurde im 2. OG auch an der Talseite die extreme Höhe der hofseitigen Hälfte übernommen, obwohl sie hier keinen Sinn macht, damit im darüber liegenden Geschoß wieder eine durchgehende Fußbodenniveau beider Hälften erreicht werden konnte.
Wie schon im 1. OG ist die Fenstereinteilung der talseitigen Fassade im 2. OG nicht klar rekonstruierbar, weil Vischer und Merian hier unterschiedliche Fensterachsen zeigen.
Merian zeichnet vier Fensterachsen: von rechts (Norden) beginnend, also im Bereich der Stube, ein Rechteckfenster, dann ein Erker mit Rechteckfenster. Weiter gegen Süden noch zwei Rechteckfenster. Weiters je einen Abtritterker an den beiden Gebäudeecken. Der nördliche muss vom Gang zur Stube aus zugänglich gewesen sein, der südliche von der Schlafkammer aus.
3. Obergeschoß
Auch das 3. Obergeschoß war noch durch die Trennwand in zwei Teile geteilt, allerdings endet diese etwa 4 Meter vor der Martinskapelle in einer geraden Kante.
Die Raumhöhe beträgt etwa 4 Meter.
An der hofseitigen Fassade befanden sich ursprünglich wahrscheinlich 5 hochrechteckige Fenster in flachen Nischen mit Giebelsturz und ohne seitliche Sitzbänke.
Die Befensterung wurden nachträglich durch den Einbau von deutlich breiteren Fensternischen in einem abweichenden Achsraster stark verändert, wobei die gotischen Fenster vermauert und teilweise vollständig zerstört wurden.
Die originale gotische Befensterung lässt sich an einem erhaltenen, aber vermauerten Exemplar noch gut nachvollziehen. Die mit einem Steingewände versehenen Fenster hatten eine lichte Weite von nur etwa 30 cm und eine Höhe von etwa 80 cm. Das Steingewände war breit gefast, die Abfasung endet etwa 20 cm über der Sohlbank mit einem pyramidenförmigen Anlauf. Diese fortgeschrittene Anlaufform könnte auch schon in das späte 15. Jahrhundert datiert werden, was die Frage aufwirft, ob das 3.OG das Resultat einer Aufstockung ist. Im Mauerwerk ist jedoch keine horizontale Baufuge oder Wechsel der Mauerwerksstruktur zu erkennen. Die Fenster hatten außen einflügelige Fensterläden, die an eisernen Angeln angeschlagen waren.
Unter dem 4. Fenster von rechts (von außen gesehen) sind zwei undeutliche und stark ausgefranste senkrechte Baufugen zu sehen, die zusammen mit drei direkt darunter vermauerten, etwa 25 cm starken Rundhölzern den Verdacht aufkommen lassen, dass hier eine Türe zu einem kleinen Erker oder Balkon bestand. Zwei weitere, aber rechteckige Balken über der heute vermauerten Öffnung könnten zu einem Dach gehört haben.
Eine Türe leicht südlich der Raummitte verband die hofseitige mit der talseitigen Gebäudehälfte.
In der hofseitigen Hälfte führte eine Rechtecktüre in den Verbindungstrakt zum Wohnturm.
Auch über dem 3. Obergeschoß sind auf den Fotos von 1870 die Balkenlöcher eine Holzbalkendecke zu sehen.
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