Burg Wels
Oberösterreich / Statuarstadt Wels
Die erste urkundliche Erwähnung der Burg Wels als „castro weles“ erfolgt ungewöhnlich früh: Im Jahr 776 errichten die bayrischen Herzöge am Rande der römischen Stadt eine Burg, es ist jedoch eher unwahrscheinlich, daß die heutige Burg mit dieser Anlage des 8. Jahrhunderts ident ist.
Ab 1222 ist Wels landesfürstlicher Besitz: zuerst babenbergisch, dann habsburgerisch.
Unter den Babenbergern wurde der Markt zur Stadt ausgebaut, deren Südostecke von der landesfürstlichen Burg, die Nordwestecke von der Burg der Polheimer gesichert wurde.
Kaiser Maximilian I lebte zeitweise in Wels, ließ die Burg kurz nach 1500 ausbauen und verstarb hier am 12. Jänner 1519.
Die Burg Wels bildete die Südostecke der Stadtbefestigung. Ursprünglich dürfte sie eine kastellartige Anlage von etwa 40 x 40 Metern Seitenlänge gewesen sein, die einen quadratischen Hof von 20 x 20 Metern eingeschlossen hat. Davon ist heute nur noch der Süd- und der Westtrakt erhalten. Der zur Stadt gewandte Nordtrakt fehlt völlig, der Osttrakt wurde durch einen neuzeitlichen Bau ersetzt. Vischer’s Darstellung aus dem Jahr 1674 zeigt neben den bis heute erhaltenen West- und Südflügeln auch einen rechteckigen Turm an der Südost-Ecke der Burg, also auch an der Süd-Ostecke der Stadtbefestigung. Dieser wurde 1876 im Zuge des Umbaus zur einer Fettfabrik abgebrochen um Platz für einen Schornstein zu machen.
Der Südtrakt bildete zugleich die Außenseite der Stadtbefestigung. Seine Außenmauer daher hat die beeindruckende Stärke von 2,6 Metern, während die Hofseite „nur“ 1,7 Metern stark ist.
Im gegen das heutige Hofniveau leicht abgetieften Erdgeschoß liegt eine 33 Meter lange, zweischiffige Pfeilerhalle, die noch einen guten Eindruck der beeindruckenden Dimension des Gebäudes gibt, obwohl sie durch zwei neuzeitliche Trennwände in drei unterschiedlich große Teile unterteilt ist. Das Gewölbe ist an Hand der pyramidenförmigen Anläufe der Pfeilerabfasungen in die Mitte oder die 2. Hälfte des 15.Jahrhundert zu datieren.
Das 1. Obergeschoß war ursprünglich ebenso ein durchgehender Raum, bis er in einem spätgotischen Umbau durch gemauerte Zwischenwände in vier Räume unterteilt wurde.
Obwohl die gesamte Burg außen und innen vollständig neu verputzt wurde, können doch einige Aussagen über den Bauablauf gemacht werden.
Die auf den Zwischenwänden aufliegende, aufwändige Holzbalkendecke kann in die Zeit um 1500 datiert werden. Ein in der Außenmauer angelegtes Putzfenster erlaubt einen geringen, aber aufschlussreichen Einblick in die Mauerwerksstruktur: Die etwa 2,6 Meter starke Außenmauer der Burg besteht aus stark ausgezwickeltem Bruchsteinmauerwerk, das in Arbeitshöhen von etwa 40 cm zu waagrechten Lagen abgeglichen ist. Dieses Mauerwerk wäre daher eher in das frühe 14. Jahrhundert, also über 100 Jahre vor den Umbau Maximilians zu datieren.
Mehrere weitere Indizien weisen darauf hin, daß die Zwischenwände im 1.Obergeschoß sekundäre Einbauten sind, die wohl erst um 1500 entstanden sind:
Die spätgotischen Räume des Südtraktes sind in Größe und Qualität der Ausstattung ungewöhnlich: Erreicht werden sie über einen Eingang an der Hofecke.
An der Südwestecke liegt ein 12x12 Meter großer Saal, dessen Raumwirkung heute durch eine nachträglich eingestellte Zwischenwand stark verunklärt und gestört wird. Das Profil des massiven, die Riemlingdecke tragenden Unterzugs endet an den Wänden mit einer breiten Abfasung, die an der Zwischenwand natürlich fehlt.
An der Südecke ist in einer leicht aus der Fassade vorspringenen turmartigen Erweiterung eine kleine Kapelle von gerade einmal 280 x 250 cm Innenlichte untergebracht, die durch ein Rundfenster mit Rundstabprofil an der Südseite belichtet ist. Von der Kapelle führt eine Spindeltreppe in das heute nicht mehr zugängliche 2. Obergeschoß. Der Eckturm wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts aufgestockt, war also ursprünglich deutlich niederer.
Die Ostwand des Saales ist, wie man an dem Anschluss zur Fensternische sehen kann, ebenfalls nachträglich eingestellt, aber eben schon um 1500.
Direkt an der Ostwand liegt ein in der 260 cm starken Mauer eingebauter Abtrittgang, mit einem Schacht in der Mauerstärke.
Beide Zugänge an der Nordseite, also aus Richtung des Westtraktes sind in der heutigen Form nicht original.
Etwa 1,5 Meter von der Westwand entfernt führt eine schmale Türe durch die Mauerstärke des Südtraktes. In der Laibung führt ein nur 70 cm breite Nische zuerst in der Mauerstärke des Südtraktes und dann durch die 250 cm starke Außenmauer zu einem Lichtschlitz.
Von den insgesamt 5 Fenstern an der Süd und Westseite sind nur zwei breit gefaste, zweilichtige Rechteckfenster zumindest in Teilen original.
Der um 1500 errichtete Erker markierte ursprünglich die Mitte der Nordfassade. Durch den sekundären Anbau des Arkadenganges an den Westtrakt wurde die Symmetrie der Fassade aber erheblich gestört.
Das Dach des Erkers wurde erst um 1895 im Stil des Goldenen Dachls in Innsbruck errichtet. Davor hatte der Erker ein Satteldach hinter einem geschwungenen Barock-Giebel. Wie das ursprüngliche gotische Dach ausgesehen hat, wissen wir nicht. Wegen der Umbauten von 1895 im Stil der Neugotik muss man auch diverse andere gotische Detailformen mit Vorsicht betrachten. Ansichtskarten zeigen wie viele Details der Hoffassade erst im letzten Jahrhundert entstanden sind: So ist die gesamte Fenstereinteilung des Erkerfensters mit 2 Quersprossen und 2 Teilungspfosten auf Fotos vor 1890 nicht zu sehen und wurde erst im späten 20. Jahrhundert wohl sinngemäß korrekt rekonstruiert. Im Erdgeschoß war 1902 rechts neben dem Erker statt des jetzigen Fensters eine Türe zu sehen. Im 1. OG hat das Kreuzstockfenster links vom Erker noch nicht existiert, im 2. OG wurde ein großes Fenster drch ein deutlich kleineres ersetzt.
Die Außenseite des Westtrakts hat ebenfalls eine Stärke von 2,6 Metern, obwohl er gegen die Stadt gerichtet war. Er ist durch eine Torhalle vom Südtrakt getrennt, die zumindest einen primären, wenn auch stark veränderten Zugang zur Burg darstellt. Was heute wie ein Barockportal erscheint, ist bei näherer Betrachtung ein gotisches Spitzbogenportal, dessen Bogen ist kleine Stücke geschnitten und zu einem Korbbogen umgebaut wurde. Dahinter liegt eine 11 Meter lange und 4 Meter breite Torhalle, die auch am anderen Ende mit einem Tor geschlossen werden konnte. Die heute existierenden direkten Zugänge von der Torhalle zum Süd- und Westtrakt sind sekundär.
Der Westtrakt ist unterkellert. Das gegenüber dem Südtrakt leicht erhöht liegende Erdgeschoß ist ebenfalls als zweischiffig gewölbte, spätgotische Pfeilerhalle von etwa 8 x 13.5 Metern ausgebildet, wobei die Pfeiler bis zum Keller durchzulaufen scheinen. An der Ostecke hat sich ein – heute nur vom Kellerabgang aus sichtbares – gotisches Portal erhalten, das bei der Errichtung des Gewölbes verbaut wurde.
An die Hofseite des Westtraktes wurde in der Spätgotik in voller Länge ein nur 3 Meter breiter Gang angebaut, der zwar zur Gänze rezent verputzt ist, aber über ein freigelegtes gestäbtes Kreuzstockfenster im 1. Obergeschoß datierbar ist. Hier befindet sich auch das ebenfalls spätgotische Treppenhaus, durch das sowohl Süd- , als auch Westtrakt vom Hof aus erreichbar sind. Diesem wiederum wurde erst im 19. Jahrhundert ein zweigeschossiger Arkadengang vorgebaut.
Vom Treppenhaus führt ein mit dem Wappen der Grafen von Polheim belegtes Schulterbogenportal in den Westtrakt, ein Spitzbogenportal in den Raum zwischen Saal und Stube im Südtrakt. Bei beiden würde ich meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass sie Originale sind. Insbesondere beim Spitzbogenportal besorgt mich der Umsatnd, dass es vor der Errichtung des Arkadengangen (um 1900) gar nicht erreichbar gewesen ist.
Im Obergeschoss des Westtraktes liegen zwei ursprünglich durch eine Spundwand getrennte Wohnräume, deren Wände ursprünglich mit Holz verkleidet waren.
Die kleinere Stube hatte ein Ausmaß von 6.8 x 8.4 Metern. Sie liegt an der Westseite an der Gebäudeaußenseite, die eine Wandstärke von 2.6 Metern aufweist. Die Ostseite dürfte ursprünglich die Hofseite der Burg gewesen sein, der etwa 4 Meter breite Trakt mit dem Treppenhaus dürfte – wie an der Dachform zu erkennen ist – ein in zwei Bauphasen entstandener Anbau sein.
Eine umlaufende Nut am Deckenrahmen und dem einzigen erhaltenen Eckständer deuten darauf hin, dass die Wandflächen ursprünglich durch eingespundete Bohlen gebildet wurden. Die Bohlenwand und der Schwellenrahmen sind restlos verschwunden, die Nut an Eckstehern und Deckenrahmen durch eine rezente Deckleiste zugesetzt. Am stark abgefasten Deckenrahmen sind dreieckige Einschnitte zu beobachten, die von Pfosten stammen dürften, die ebenso wie die Bohlenwände verschwunden sind. Sie scheinen ehemalige Tür- und Fensteröffnungen zu markieren.
An der Westseite liegen sie zu beiden Seiten der größeren der beiden 2,6 Meter tiefen Fensternischen, die zu einem Rechteckfenster mit profiliertem Mittelpfosten führt. Bei der kleineren Fensternische fehlen sie, was zusammen mit dem neuzeitlichen Fenstergewände auf einen rezenten Umbau hindeutet.
Die Balkendecke liegt auf einem mächtigen in Nord-Südrichtung verlaufenden hölzernen Unterzug auf. Die Deckenbalken sind an den Kanten aufwendig profiliert und haben an den Enden hornförmige Anläufe.
Die Trennwand zum nördlich anschließenden Wohnraum wurde in jüngster Zeit abgetragen und durch einen offensichtlichen rezenten Unterzug ersetzt