Der Weyerturm ist nicht der übliche Wohnturm mit
integrierter Kapelle, sondern eigentlich das genaue Gegenteil : eine riesige,
notdürftig bewohnbare Doppelkapelle.
Diese Konstellation kommt insbesondere im südbayrischen Raum häufiger vor als
man denkt, und wurde bereits von kompetenter Stelle in einem Aufsatz beschrieben
( Walter Haas : "Burgkapellen als Bergfried-Ersatz?" , in: Veröffentlichungen der
Deutschen Burgenvereinigung Reihe B-Teil 3 ). Haas erläutert mehrere Gründe
für Kapellen mit profanen Obergeschossen und kommt schließlich zur Erkenntnis , daß Burgkapelle bergfriedartig
erhöht wurden, um das Fehlen eines Bergfrieds - insbesondere seine Funktion
als "Rangabzeichen " zu kompensieren.
Der Weyerturm hat alle Eigenschaften der von Haas
beschriebenen Kapellentürme :
-Die Doppelkapelle ist im Verhältnis zur Wohnfläche völlig überproportioniert.
-sie ist nur über einen Hocheinstieg
erreichbar.
-über der Kapelle liegen mehrere profan genutzte, aber nicht wirklich
bewohnbare Geschoße.
Schon der Grundriss ist typisch für eine Kapelle und eher untypisch für einen Wohnturm: ein genau nach Osten
ausgerichtetes Rechteck mit Rundapside. Die Mauerstärke beträgt ca. 180cm .
Das
Erdgeschoß war ein niederer Raum mit 2 Lichtschlitzen an der Südseite und wahrscheinlich nur von oben - also von der Kapelle aus - erreichbar. Jetzt ist nördlich der Apside ein Loch
ausgebrochen, durch das man ins Innere des Turmes gelangen kann.
Der ursprüngliche Einstieg lag in der Mitte der Südseite im 1.OG, dem unteren
Geschoß der Doppelkapelle. Später wurde der Einstieg vermauert und um ein
Stockwerk nach oben verlegt. Er führt jetzt direkt auf die Westempore, die noch
einen zweiten Zugang an der Westseite hatte. Das 2.OG hatte noch 3 hohe
rundbogige Lanzettfenster, wie sie bei romanischen Kirchen typisch sind. Das
mittlere davon wurde beim Einbau des neuen Hocheinstiegs zerstört. Im
westlichen Fenster hat sich noch der komplette Holzstock des Fensters
erhalten.
Die Empore nahm die westliche Hälfte der Fläche des 2.OG ein und lag -
so wie alle anderen Decken auch - auf eingemauerten, über die Schmalseite des
Gebäudes gespannte Deckenbalken auf.
Die Doppelkapelle hatte eine Rundapsis über beide Etagen die nach außen auskragt, was
als Beweis anzusehen ist, daß es sich dabei nicht bloß um den Umbau eines
rechteckigen Turmes handelt .
Über
der Doppelkapelle liegen noch drei weitere Geschoße, die nur über die
Kapelle erreichbar waren. Die Raumhöhe beträgt knapp über 2 Meter. Eine Treppe in der Mauerstärke verbindet das 3.OG
mit dem 4.OG , eine weitere das 4.OG mit dem 5.OG.
Die Wohngeschoße sind nur durch kleine Lichtschlitz erhellt, obwohl sie schon
sehr hoch gelegen sind. Auch sind keine Reste der üblichen Anzeichen für Bewohnbarkeit ( Kamin, Abtritt, Trennwände etc. ) zu erkennen.
Vor dem Ausbruch der neuen Türe erfolgte der
Zugang zu den Wohngeschoßen wahrscheinlich über die Westempore, der
Hocheinstieg an der Südseite diente als Zugang zum unteren Teil der
Doppelkapelle.
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