Ehrenfels / Oberkammern
 STMK / Bez.Leoben / Kammern

Wandabwicklung der Westwand Die relativ gut erhaltene Westfassade der Burg

Die Burg Ehrenfels liegt in 1150 Metern Höhe über der Gföhler Wand bei Kammern und ist nur auf einem schmalen, steilen Pfad, der von der benachbarten Burg Kammerstein weiterführt, zu erreichen. Obwohl die Lage hoch über dem Liesingtal beherrschend ist, ist die Burg so mit dem Felsen verwachsen, dass man sie  vom Tal aus nur zu sehen kann, wenn man weiß wo man sie suchen muss. Es für mich ein bezeichnender Umstand, dass ich selbst 30 Jahre lang an der Burg vorbeigefahren bin, ohne sie auch nur wahrzunehmen.

Der knapp einstündige, anstrengende Fußmarsch wird wohl der Grund sein, dass Ehrenfels in der Literatur recht wenig beschrieben ist und die wenigen Berichte offensichtlich voneinander abgeschrieben sind.  Auch werden es manche Besucher der Gegend nicht übers Herz bringen, die größere und besser erhaltene Ruine Kammerstein links liegen zu lassen, um noch eine weitere halbe Stunde auf einem unangenehm steilen Pfad nach Ehrenfels hinaufzusteigen.

Wer aber die Mühe des Anstiegs auf sich nimmt wird durch eine schöne Fernsicht belohnt und fragt sich unweigerlich, wie jemand auf die Idee kommen kann an diesem gottverlassenen Ort eine Burg zu errichten. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Ehrenfelser noch im 13. Jahrhundert eine Talburg im Liesingtal, das heutige Schloss Ehrenau , errichteten.

die beiden Burgen der Ehrenfelser: rechts unten Kammerstein, links oben im roten Kreis die Ruine Ehrenfels Ansicht vom Liesingtal ( Süden)

Die Lage der Burg ist spektakulär: Sie wurde am höchsten Punkt der Gföhler Wand errichtet, einem steil nach Norden ansteigenden senkrechten Felsen. Während also die Westseite absolut sturmfrei war, bietet die Ostseite kaum natürliche Schutz, wenn man von beschwerlichen Anstieg absieht.

Folgende Bauteile der Burg haben sich erhalten: Der Rest eines Wohntraktes an der Nordseite der Burg, ein daran anschließendes 4 Meter langes Stück der Ringmauer, ein über den Bering vortretender Turm mit abgeschrägten Ecken ( den ich als Sechseckturm bezeichnen werde)  und etwas abseits davon ein fast zwei Meter starkes Stück der Ringmauer, an das innen ein Gebäude angebaut war. Alle diese Reste stehen an der sturmfreien Westseite der Burg, am Steilabfall der Gföhler Wand.  An der Ostseite, an der wohl auch der Zugang gelegen sein muss, sind alle Bauten spurlos verschwunden. 

Ansicht von Norden. der 45 Gradhang links ist die flache Zugangsseite Westseite des Wohnturms Mauerwerk an der Nordseite des Wohnturms
Maueranker im Wohnturm Fensternische im Wohnturm Türe im Erdgeschoss des Wohnturms

Der Wohntrakt steht an der Nord-Westseite des Burgplatzes, zwar an der höchsten Stelle, aber nur unwesentlich höher als die anderen Burgteile. Das Gebäude wirkt heute wie ein kleiner Turm,  die hofseitige Mauer ist jedoch nur eine Trennwand im Erdgeschoß, wie an einem auf Höhe dieser Trennwand liegenden Fenster im 1.OG zu erkennen ist.
Der Wohntrakt ist etwa 7 Meter breit und dürfte etwa 12 Meter lang gewesen sein. 
Die unteren beiden Stockwerke sind aus großen Bruchsteinen von bis zu 50 cm Durchmesser aufgeführt. Die Mauerstärke beträgt an den Außenseiten ca.180 cm und an den Hofseiten ca.120 cm. Außer dem Eingang gibt es keine Maueröffnungen. Eine Balkendecke trennte die beiden Stockwerke.
An der Südwestecke des Turmes ist ein Maueranker aus zwei überkämmten Rundhölzern erhalten, der als Beweis dienen kann, dass Ringmauer und Turm zumindest bis zu dieser Höhe zeitgleich errichtet wurden. In den höheren Ebenen ist der Turm jedoch mit einer deutlichen Baufuge an die Ringmauer angestellt.

Das zweite Stockwerk zeigt innen einen Mauerrücksprung von ca. 70 cm. Das Mauerwerk ist aus kleinen und kleinsten Bruchsteinen mit viel Mörtel gefertigt, in dem noch die Abdrücke von hölzernen Einbauten zu sehen sind. An der Westseite  liegt  ein ca. 40 x 40 cm großes Fenster in einer breiten Mauernische, an der Nordseite ein weiteres, das  aber bereits stark verfallen ist. 
Wegen der geringen Mauerstärke ist es unwahrscheinlich, dass der Wohntrakt noch ein weiters Stockwerk hatte.

Der "6-Eck-Turm" Innenseite 6-Eckturm von  Süden, Westen
Blick in den "Keller" des 6-Eckturmes Innenansicht 6-Eckturm Maueranker mit Brandspuren im 6-Eckturm

Südseitig verbindet ein kurzes Mauerstück, das in einem stumpfen Winkel an den Bergfried angebaut ist, und dessen Stärke ich nicht messen konnte, den Wohntrakt und einen kleinen Turm. Dieser ist im Grundriss ein Rechteck von ca. 4 x 4 Metern, der über die Ringmauer hinausragt und dessen äußere Ecken im 45Grad-Winkel abgeschrägt sind. Nur am Fuß des Turmes gehen die abgeschrägten Ecken in den üblichen quadratischen Grundriss über, sodass die Ecken wie Stützpfeiler wirken.

Die Funktion dieses Turmes ist völlig unklar: ein Flankierungsturm war er wohl nicht, weil er an der am wenigsten gefährdeten Stelle der Burg liegt. Unter ihm fällt die Gföhler Wand senkrecht in die Tiefe. An einen Angriff war da wohl nicht zu denken. Die Mauerstärke von nur 70 cm trägt diesem Umstand auch Rechnung. Wegen der ungefähren Ost-West Ausrichtung könnte man annehmen, dass es sich dabei um die Apsis einer Kapelle handelt, jedoch fehlen die für Kapellen typischen Fenster. Von außen betrachtet erkennt man, dass die Mauerstärke des Turmes außen nach oben hin abnimmt. An der Hofseite ist der Turm jetzt offen. Wenn es an dieser Seite eine Mauer gegeben hat, so war sie wohl schwächer ausgeführt als die Außenmauern und mit dieser nicht verzahnt.

Der Turm ist auf einem kleinen Felskopf aufgesetzt, und zwar in der Art, dass die Außenmauer ca. 70 cm vor dem Felskopf steht. Dadurch entsteht zwischen Mauer und Felsen ein schmaler Spalt. Wenn man nun in diesen hinuntersteigt zeigt sich, dass der Felsen unten zurückspringt und so zusammen mit der Außenmauer eine kleine Höhle bildet.

Der Turm hat bis auf ein winziges Fensterchen an der Südseite keinerlei Öffnungen. Wie beim Bergfried sind auch hier die unteren zwei Geschosse aus größeren Bruchsteinen errichtet, das darüber liegende aus kleinteiligem Bruchsteinmauerwerk mit viel Mörtel. Im Sechseckturm wie auch beim Bergfried sind horizontal Holzstämme von ca. 20 cm Durchmesser als Maueranker eingemauert, wohl um dem Mauerwerk  mehr Festigkeit zu geben. Diese Stämme liegen teilweise frei und sind noch erstaunlich gut erhalten, zeigen aber durchwegs Brandspuren.

Fenster am östlichen Ringmauerstück doubliertes Mauerwerk doubliertes Mauerwerk

Ungefähr 10 Meter östlich des Sechseckturmes steht, von diesem durch eine tiefe Felsspalte getrennt, ein ca. 6 Meter langes Mauerstück. Das Mauerstück wurde mehrfach doubliert und hat insgesamt eine Mauerstärke von ca. 200 cm. Innen an dieses Mauerstück war ein Gebäude angebaut. Die Maueransätze, Balkenlöcher, ein Mauerrücksprung in ca. 3 Metern Höhe für eine Zwischendecke, sowie ein kleines Fensterchen sind noch zu erkennen.

Wo der Zugang zur Burg gelegen ist, kann man heute nicht mehr sagen, weil der gesamte Ostteil der Burg völlig verschwunden sind. Dem Gelände nach zu schließen führte der Burgweg über den breiten, flachen Sattel der den Burgfelsen vom anschließenden Gebirge trennt und dann von Osten oder Nordosten in die Burg. An dieser Stelle scheint der Burgfelsen händisch zu einer senkrechten Fläche abgeschlagen worden zu sein.

Im Burghof findet man noch eine kreisrunde Vertiefung, vielleicht eine Zisterne, vielleicht nur das Wurzelloch eines verschwundenen Baumes. Fast alle in der Ruine stehenden Bäume sind angekohlt, was darauf hinweist, dass der Ort extrem Blitzschlag gefährdet ist.
 

Wegbeschreibung:  Von der Ruine Kammerstein, weiter über den markierten "Rittersteig" etwa 30 Minuten steil bergauf.
(c) www.burgenseite.com