DER PALAS VON
THERNBERG |
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Der Palas von Thernberg ist in Lage und
Ausführung ein Unikat im österreichischen Burgenbau. Er wurde nicht wie sonst
üblich auf der höchsten Stelle einer Felskuppe errichtet, sondern wurde so in
den Steilabfall einer Felswand gestellt, daß ein ebenerdiger Zugang im obersten
Stockwerk erfolgt. Von dort steigt man heute auf einem schwindelerregend
schmalen Steig in den Palas hinunter. Es
sind zwei romanische Bauphasen zu unterscheiden, die beide in das frühe
13.Jahrhundert zu datieren sind: R2 : In einer zweiten Bauphase wurde der Palas
bis zu heutigen Höhe wiederaufgebaut ( oder weitergebaut ?) , jedoch in wesentlich reduzierter
Mauerstärke. Die Mauerstärke beträgt hier "nur" noch ca. 1 Meter. An der Baufuge zwischen erster und zweiter
Bauphase entstand dadurch ein gut 1 Meter breiter Absatz. Das Mauerwerk ( nur
an wenigen Stellen freiliegend, da großteils verputzt ) besteht aus sorgfältig
zugehauenen Kleinquadern, in schönen Lagen. Die Südwestecke ist in dieser
zweiten Bauphase innen abgerundet, in der ersten Bauphase eckig.
KG :
ca. 5,3 x 11 = 58 m2 EG : ca. 77 m2 1.OG. : ca. 110 m2 Das 1. OG wurde von einem repräsentativen Saal eingenommen. Er hatte mindestens 3 Sitznischenfenster mit Biforen. Eines an der Westseite ist noch gut erhalten, aber zur Hälfte vermauert. Es liegt in einer tiefen Nische mit Giebelsturz und hatte nur auf einer Seite eine gemauerte Sitzbank. Die beiden Rundbögen der Bifore waren von einem runden Säulchen mit Würfelkapitell getrennt. Zwei weitere Biforen befanden sich an der Südseite. Eine davon ist heute vermauert, aber von außen noch gut erkennbar, eine weitere wurde später zu einem Abtritterker umfunktionert. Ein Abtritterker der ersten Bauphase befindet sich an der Süd-Ost-Ecke. Die Tür zum Abtritt lag nicht auf Fußbodenniveau, sondern knapp unter der Zimmerdecke ( vergl. Frauenburg ). Das Geschoss war mit einem mächtigen Mantelkamin in der Nordwestecke beheizt. 2.OG :
ca.125 m2 2. Der Umbau des 14.Jahrhundert . In der ersten Hälfte des 14.Jahrhundert wurde der Palas mit einigem Aufwand
umgebaut. Ungewöhnlich dabei ist, daß er dabei nicht vergrößert, sondern
wesentlich verkleinert wurde. Die bewohnbare Fläche wurde auf etwa ein Drittel
der ursprünglichen Größe reduziert (von 370 auf 130 m2), die restliche
Fläche als ungedeckter Hof belassen. Wenn man über die Sinnhaftigkeit dieser
Vorgangsweise nachdenkt, passt es gut ins Bild zu lesen, daß die Burg um 1340 an
neue Besitzer überging, die einen Pfleger einsetzten.
Nun könnte es gut sein, daß die neuen Besitzer eine ruinöse Burg übernahmen, die
für den Pfleger ohnedies viel zu groß war. Daher wurde die Fläche reduziert,
die reduzierte Fläche aber mit allem "modernen Komfort" der damaligen
Zeit ausgestattet. Der
Umbau könnte also den Abstieg der Burg vom Familiensitz einer Ministerialenfamilie
zu einer von einem Pfleger bewohnten Burg widerspiegeln. KG: Im ehemaligen Untergeschoss wurde an der Talseite ein Tor durch die 2 Meter starke Mauer gebrochen. An der Hofseite entstand ein Tor, durch das man in den Hof gelangen konnte. Es liegt etwa 100 cm höher als das Außentor an der Talseite. Wie dieser Höhenunterschied in dem nur 6 Meter breiten Raum überwunden wurde, bzw. wie das Fußbodenniveau verlief, ist nicht klar. Die beiden Lichtschlitze wurden vermauert (eventuell erst später ?) Aus dem ehemaligen Keller wurde also ein Verbindungsgeschoss, das den Zugang vom Palas zum Hof und nach außen ermöglichte. EG : Im Erdgeschoss wurde eine hölzerne
Blockwerkkammer eingebaut, die bei der Errichtung der Trennwand gleich mit eingemauert wurde. Dadurch wurde ein Lichtschlitz an der Südseite vermauert.
Die Abdrücke der Holzbohlen sind noch gut zu sehen.
Die Blockwerkkammer von Thernberg ist in mehreren Punkten einzigartig : Zweitens ist die Blockwerkkammer nicht rechteckig wie sonst üblich, sondern hatte wegen der vorgegebenen Rundung im Südwesten eine abgerundete Ecke. Diese wurde wahrscheinlich aus hochgestellten Holzbrettern geformt. Die Fenstergruppe von Thernberg ist der
Gegenbeweis für die Signalfenstertheorie des frühen 20. Jahrhunderts, die
versuchte solche Fenster als eine Art Morseapparat zu erklären: Sie liegt an einem Innenhof, ohne
jede Sichtverbindung nach außen und kann daher keinen Signalzwecken zu
anderen Burgen gedient haben. 1.OG : Ein weiterer
Wohnraum liegt im 1.Obergeschoss, seine Wände sind verputzt, an der Nordseite
war er mit einer Fachwerkwand ( oder Bohlenwand ) gegen das Treppenhaus abgegrenzt.
Interessanterweise gibt es im 1.OG keinerlei Anzeichen einer
Fußbodenkonstruktion: Weder Balkenlöcher, noch
einen Mauerrücksprung auf dem die Holzbalken aufliegen könnten. Wahrscheinlich
wurde die Decke der Blockwerkkammer auch als Fußbodenkonstruktion für das
darüber liegende Geschoss verwendet. 2.OG . war ebenfalls ein verputzter Wohnraum mit jeweils zwei Fenster an der Süd- ,West- und Hofseite. Auf diesem Niveau lag auch der Eingang vom Bergfried her, durch den man heute den Palas betreten kann. Das Dach war ein einfaches Pultdach, das in seichtem Winkel gegen die Südostecke des Wohnraums hin abfiel. Die restlichen 2 Drittel des ehemaligen Palas
wurden als Wohnraum aufgegeben und zum Hof herabgestuft. Die ehemaligen
Innenwände wurden mit einem Außenputz versehen, der ohne viel Aufhebens über
alle Mauerunebenheiten gezogen wurde. Der Großteil der Lichtschlitze und
Fenster wurde dabei vermauert. Auf die Mauerkrone wurde eine Zinnenreihe aufgesetzt, die wahrscheinlich nur zur Zier diente, jedenfalls ist der dazugehörige Wehrgang nicht nachweisbar. Das Betreten der Ruine ist derzeit aus Sicherheitsgründen untersagt.
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