DER  PALAS  VON  THERNBERG
NÖ / Bez.Neunkirchen / KG.Thernberg

Schnitt durch den Palas Rekonstruktionsversuch, Mitte 14.Jh. Ansicht von der Talseite

Der Palas von Thernberg ist in Lage und Ausführung ein Unikat im österreichischen Burgenbau. Er wurde nicht wie sonst üblich auf der höchsten Stelle einer Felskuppe errichtet, sondern wurde so in den Steilabfall einer Felswand gestellt, daß ein ebenerdiger Zugang im obersten Stockwerk erfolgt. Von dort steigt man heute auf einem schwindelerregend schmalen Steig in den Palas hinunter.

Auch die Baugeschichte ist ungewöhnlich: Der  romanische Palas wurde bei einem Umbau im 14. Jahrhundert wesentlich verkleinert, der nicht mehr benötigte Teil nur noch als Hof genützt.

1 . Der romanische Palas :
Der romanische  Palas war ein gegen den senkrechten Felshang gestelltes Gebäude von etwa 20 Metern Länge und 8 Metern Breite. An drei Seiten wurde er von 2 Meter dicken Mauern gebildet, an der Nordseite bis zur vollen Höhe vom Felsen.

Es sind zwei romanische Bauphasen zu unterscheiden, die beide in das frühe 13.Jahrhundert zu datieren sind:
 R1 : Die erste Bauphase umfasste im Grundriss schon das gesamte Ausmaß des heutigen Palas. Sie ist leicht an der enormen Mauerstärke von knapp über 2 Metern zu erkennen. Der erhaltene Bestand dieser Bauphase umfasst die gesamte Ostseite ( Feldseite, gegen den Berghang gerichtet ) in ihrer vollen Höhe, die Südostecke, mit einem Abtritterker, darüber einem Lichtschlitz mit runder Öffnung und die Konsolen eines Mantelkamins. Das Kellergeschoss der westlichen Schmalseite stammt ebenfalls aus dieser ersten Bauphase. Es hatte zwei Lichtschlitze, das Tor ist sekundär. An der Südseite (Längsseite) ist die 2 Meter starke Mauer nur noch im Fundamentbereich erhalten, etwa in der Mitte der Längsseite fehlt sie komplett. Das Mauerwerk ist grobes Bruchstein, die Mauerfugen waren zumindest in den oberen Etagen ausgestrichen (Fugenstrich). Ob die Burg der ersten Bauphase zerstört oder nur nicht fertig gebaut wurde läßt sich nicht sagen.

R2 : In einer zweiten Bauphase wurde der Palas bis zu heutigen Höhe wiederaufgebaut ( oder weitergebaut ?) , jedoch in wesentlich reduzierter Mauerstärke. Die Mauerstärke beträgt hier "nur" noch ca. 1 Meter. An der Baufuge zwischen erster und zweiter Bauphase entstand dadurch ein gut 1 Meter breiter Absatz. Das Mauerwerk ( nur an wenigen Stellen freiliegend, da großteils verputzt ) besteht aus sorgfältig zugehauenen Kleinquadern, in schönen Lagen. Die Südwestecke ist in dieser zweiten Bauphase innen abgerundet, in der ersten Bauphase eckig.

Der romanische Palas der zweiten Bauphase lässt sich noch recht gut rekonstruieren. Es war ein durchaus beeindruckendes, vierstöckiges Gebäude mit etwa 370 m2 Nutzfläche .

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vermauerter Hocheinstieg an der Westwand romanischer Mantelkamin an der Westwand Sitznische mit Giebelsturz und Bifore

KG : ca. 5,3 x 11 = 58 m2
Da der Felsgrund gegen Osten hin ansteigt endete das Kellergeschoss ca. in der Mitte des Gebäudes und nahm nur dessen westliche Hälfte ein. Es war ein typischer Kellerraum, nur vom darüber liegenden Geschoss aus zugänglich und von mindestens drei Lichtschlitzen belichtet.

EG : ca. 77 m2
Das Erdgeschoss umfasste wahrscheinlich schon die gesamte Länge des Gebäudes. Es lassen sich keinerlei Trennwände dieser Bauphase nachweisen. Der Raum hatte 4 Lichtschlitze an der südlichen Längsseite. Wie in allen anderen Geschossen hatte die Ostseite (Feldseite) aus wehrtechnischen Gründen keinerlei Fensteröffnungen, die Nordseite wurde vom Felsen gebildet. An der Nordwestecke lag der ursprüngliche Hocheinstieg, ein Rundbogentor, dessen Türnische mit einem Dreiecksturz abgeschlossen ist. Wie man von außen zu diesem Tor gelangte ist nicht mehr ganz klar, wahrscheinlich wurde das Gelände bei späteren Umbauten stark verändert.

1.OG. : ca. 110 m2

Wohnraum des romanischen Pallas im 13. Jahrhundert
Rekonstruktionsversuch des romanischen Saals Bifore an der Südseite. Würfelkapitell

Das 1. OG wurde von einem repräsentativen Saal eingenommen. Er hatte mindestens 3 Sitznischenfenster mit Biforen. Eines an der Westseite ist noch gut erhalten, aber zur Hälfte vermauert. Es liegt in einer tiefen Nische mit Giebelsturz und hatte nur auf einer Seite eine gemauerte Sitzbank. Die beiden Rundbögen der Bifore waren von einem runden Säulchen mit Würfelkapitell getrennt. Zwei weitere Biforen befanden sich an der Südseite. Eine davon ist heute vermauert, aber von außen noch gut erkennbar, eine weitere wurde später zu einem Abtritterker umfunktionert. Ein Abtritterker der ersten Bauphase befindet sich an der Süd-Ost-Ecke. Die Tür zum Abtritt lag nicht auf Fußbodenniveau, sondern knapp unter der Zimmerdecke ( vergl. Frauenburg ). Das Geschoss war mit einem mächtigen Mantelkamin in der Nordwestecke beheizt.

2.OG : ca.125 m2
Über das zweite Obergeschoss lässt sich nicht mehr viel sagen, außer daß es ebenfalls bewohnbar war. In der Südostecke - direkt über dem Abtritterker - sind die Reste eines Mantelkamins zu erkennen. Daneben noch ein Lichtschlitz, der an der Außenseite in einer runden Öffnung endet. Am westlichen Ende der Längsseite kann man noch ein einseitiges Sitznischenfenster erahnen. Daneben eine Verschneidung in der abgerundeten Ecke des Palas die wohl Platz für eine weitere Fensteröffnung schaffen sollte.

2. Der Umbau des 14.Jahrhundert .

Innenseite der Trennwand

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Innenseite der Trennwand des 14. Jh Innenseite der Westwand.

In der ersten Hälfte des 14.Jahrhundert wurde der Palas mit einigem Aufwand umgebaut. Ungewöhnlich dabei ist, daß er dabei nicht vergrößert, sondern wesentlich verkleinert wurde. Die bewohnbare Fläche wurde auf etwa ein Drittel der ursprünglichen Größe reduziert (von 370 auf 130 m2), die restliche Fläche als ungedeckter Hof belassen. Wenn man über die Sinnhaftigkeit dieser Vorgangsweise nachdenkt, passt es gut ins Bild zu lesen, daß die Burg um 1340 an neue Besitzer überging, die einen Pfleger einsetzten. Nun könnte es gut sein, daß die neuen Besitzer  eine ruinöse Burg übernahmen, die für den Pfleger ohnedies viel zu groß war. Daher wurde die Fläche reduziert, die reduzierte Fläche aber mit allem "modernen Komfort" der damaligen Zeit ausgestattet. Der Umbau könnte also den Abstieg der Burg vom Familiensitz einer Ministerialenfamilie zu einer von einem Pfleger bewohnten Burg widerspiegeln.
In etwa 6 Meter Abstand zur Westmauer wurde eine Trennwand von nur 60 cm Stärke aufgestellt, die den verkleinerten Wohnraum vom neuen Hof trennte. Die Mauerstärke reduziert sich nach oben auf nur 45 cm. Daher hat man auch Sorge getragen die Mauer nicht mit Deckenbalken etc. zu belasten.

Terhberg , sekundäres Tor im KG ( Westwand )KG: Im ehemaligen Untergeschoss wurde an der Talseite ein Tor durch die 2 Meter starke Mauer gebrochen. An der Hofseite entstand ein Tor, durch das man in den Hof gelangen konnte. Es liegt etwa 100 cm höher als das Außentor an der Talseite.  Wie dieser Höhenunterschied in dem nur 6 Meter breiten Raum überwunden wurde, bzw. wie das Fußbodenniveau verlief, ist nicht klar. Die beiden Lichtschlitze wurden vermauert (eventuell erst später ?) Aus dem ehemaligen Keller wurde also ein Verbindungsgeschoss, das den Zugang vom Palas zum Hof und nach außen ermöglichte.

EG : Im Erdgeschoss wurde eine hölzerne Blockwerkkammer eingebaut, die bei der Errichtung der Trennwand gleich mit eingemauert wurde. Dadurch wurde ein Lichtschlitz an der Südseite vermauert. Die Abdrücke der Holzbohlen sind noch gut zu sehen. Die Blockwerkkammer von Thernberg ist in mehreren Punkten einzigartig :
Erstens wurde sie nicht - wie sonst üblich - beim Bau der Burg mit eingemauert sondern ist an zwei Seiten ein nachträglicher Einbau. Nur an der neu errichteten Hofseite wurde sie eingebaut, indem die Bruchsteinmauer mit viel Mörtel direkt gegen die Holzbohlen gemauert wurde. Deutlich ist im Mörtel der Abdruck der Holzbohlen zu sehen und einzelne Steine des Mauerwerks, die direkt bis an die Holzbohlen reichten. [Bild]
An den beiden Seiten die schon vor Errichtung der Blockwerkkammer bestanden, wurde die Bohlen in einem Abstand von ca.10 cm aufgerichtet und der Zwischenraum zur Mauer mit reinem Mörtel aufgefüllt. Hier fehlen daher die aus dem Mörtel herausragenden Steine.  Auch ist die dickflüssigen Mörtelmasse beim Einschütten in den Spalt zwischen Kammer und Wand vorzeitig ausgehärtet und erscheint jetzt als eine in der Fließbewegung erstarrte Masse.[Bild]

Abdrücke der Blockwerkkammer in der gotischen Trennmauer Abdrücke der Bohlenstube an der romanischen Palaswand. die fünfteilige Fenstergruppe von Thernberg Biforen vermauert und zu einem Abtritterker umgebaut

Zweitens ist die Blockwerkkammer nicht rechteckig wie sonst üblich, sondern hatte wegen der vorgegebenen Rundung im Südwesten eine abgerundete Ecke. Diese wurde wahrscheinlich aus hochgestellten Holzbrettern geformt.

Die Fenstergruppe von Thernberg ist der Gegenbeweis für die Signalfenstertheorie des frühen 20. Jahrhunderts, die versuchte solche Fenster als eine Art Morseapparat zu erklären: Sie liegt an einem Innenhof, ohne jede Sichtverbindung nach außen und kann daher keinen Signalzwecken zu anderen Burgen gedient haben.
Aber auch der repräsentative Aspekt dürfte sich hier in sehr engen Grenzen gehalten haben.

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zu Abtritt umgebautes Sitznischenfenster gotisches Rechteckfenster und Fensterstock

1.OG : Ein weiterer Wohnraum liegt im 1.Obergeschoss, seine Wände sind verputzt, an der Nordseite war er mit einer Fachwerkwand ( oder Bohlenwand ) gegen das Treppenhaus abgegrenzt. Interessanterweise gibt es im 1.OG keinerlei Anzeichen einer Fußbodenkonstruktion: Weder Balkenlöcher, noch einen Mauerrücksprung auf dem die Holzbalken aufliegen könnten. Wahrscheinlich wurde die Decke der Blockwerkkammer auch als Fußbodenkonstruktion für das darüber liegende Geschoss verwendet.
Das westliche Biforenfenster wurde zur Hälfte vermauert, das südliche zu einem Abtritterker umgebaut. In den romanischen Mantelkamin wurde ein zweiter Kaminschacht eingezogen, wodurch getrennte Feuerstellen im Eg. und 1.Og. versorgt werden konnten.
In die Südwand wurde ein kleines Wandkästchen eingebaut. An der Hofseite noch ein kleines sehr tief liegendes Fensterchen.

2.OG . war ebenfalls ein verputzter Wohnraum mit jeweils zwei Fenster an der Süd- ,West- und Hofseite. Auf diesem Niveau lag auch der Eingang vom Bergfried her, durch den man heute den Palas betreten kann.

Das Dach war ein einfaches Pultdach, das in seichtem Winkel gegen die Südostecke des Wohnraums hin abfiel.

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ehemalige Innenseite des romanischen Palas Hof:
Eingang zur Höhle

Die restlichen 2 Drittel des ehemaligen Palas wurden als Wohnraum aufgegeben und zum Hof herabgestuft. Die ehemaligen Innenwände wurden mit einem Außenputz versehen, der ohne viel Aufhebens über alle Mauerunebenheiten gezogen wurde. Der Großteil der Lichtschlitze und Fenster wurde dabei  vermauert.
In diesem Hof liegt der mit einer Bruchsteinmauer abgemauerte Eingang zu einer Höhle.

Auf die Mauerkrone wurde eine Zinnenreihe aufgesetzt, die wahrscheinlich nur zur Zier diente, jedenfalls ist der dazugehörige Wehrgang nicht nachweisbar.

Das Betreten der Ruine ist derzeit aus Sicherheitsgründen untersagt.

 

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