Die Stuben im
Schloss Goldegg |
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Schloss
Goldegg wurde kurz nach 1322 auf einer felsigen Anhöhe am Rande des
Goldeggersees errichtet. Der See war ursprünglich wesentlich größer als heute
und umschloss die Burg an drei Seiten: Nur im Westen bestand ein Landverbindung
zur nahegelegenen Kirche. Wesentliche Umbauten erfolgten im 16. Jahrhundert, als die östliche und südliche Ringmauer randständig verbaut wurde. Ende des 19.Jahrhundert wurde der bis dahin zweistöckige Westtrakt vergrößert und aufgestockt, im späten 20.Jahrhundert schließlich ein Treppenhaus zwischen Westtrakt und Palas eingefügt.
Der Palas hat mit einer Länge von 27 Metern, einer Breite von 12 Metern und einer Höhe von 18 Metern durchaus beeindruckende Dimensionen. Die Mauerstärke beträgt bis zum 1. Obergeschoss einheitlich 200 cm, und springt danach in jedem Stockwerk leicht ein.
Der
viergeschossige Wohnbau besteht aus einem ursprünglich nur mäßig belichtetem,
von außen nicht zugänglichen Erdgeschoss, in dessen Ostecke noch ein
tiefer gelegener Felsenkeller zugänglich ist. Darüber lag das erste Wohngeschoss
mit der Stube, auf die in der Folge näher eingegangen werden soll. Der
Hocheinstieg lag mittig in der Hofseite des 1.Obergeschosses. Von der 2 Meter
tiefen Türnische aus führte eine einläufige schmale Mauertreppe in das zweite
Wohngeschoss, dessen ursprüngliche Holzeinbauten durch einen kunsthistorisch
bemerkenswerten Renaissancesaal großteils überbaut bzw. ersetzt wurden. Das Raumschema der Wohngeschosse wird wesentlich durch das grundlegende statische Prinzip des Baus geprägt: Im Erdgeschoss wird der Wohnturm durch zwei massive Quermauern in drei etwa gleichgroße Teile geteilt. Diese Quermauern tragen in den beiden darüber liegenden Wohngeschossen zwei etwas gegen Norden aus der Raummitte gerückte, massive Holzsäulen, die einen über die Längsseite des Wohnturmes laufenden Unterzug umklammern. Auf diesem Unterzug liegt die über die Schmalseite des Gebäudes gespannte Balkendecke auf. In die Holzsäulen sind senkrechte Nuten eingearbeitet, die zur Aufnahme von Bohlenwänden dienten. Folglich waren Größe und Anordnung der Wohnräume durch die Stellung der tragenden Holzsäulen vorgegeben.
sogenannte Kemenate:
Die
große Stube, die allgemein als „Kemenate“ bezeichnet wird, nimmt die Südostecke
des 1. Obergeschosses ein. An allen vier Ecken stehen massive Ecksteher mit senkrechten Nuten, in die Bohlenwände eingeschoben waren. Die beiden nordseitigen Ecksteher sind die tragenden Holzsäulen, die auf einem Unterzug die Decke des darüber liegenden Stockwerks tragen, während die beiden Ecksteher an der Südseite keine tragende Funktion für das Gebäude haben und daher auch wesentlich kürzer sind .
Alle Ecksteher sind an der Rauminnenseite breit abgefast, wohl um das Einspringen in den Wohnraum zu reduzieren. Sie stehen auf einem umlaufenden Schwellenrahmen, der an der Innenseite ebenfalls breit abgefast ist. Den oberen Abschluss bildet ein umlaufender Deckenrahmen in Form eines Viertelstabs . Auf dem Deckenrahmen liegt eine waagrechte Holzbalkendecke auf, die den Raum nach oben hin auf 2,65 Meter Höhe begrenzt und das Raumvolumen wesentlich reduziert. Die eigentliche Geschossdecke des darüber liegenden liegt etwa 1,9 Meter über dieser Zwischendecke.
Die Deckenbalken sind an der Unterseite halbrund und haben jeweils zwei runde, an Gewölbeschlusssteine erinnernde Medaillons, sowie Endstücke in Form von Würfelkapitellen.
Beheizt wurde der Raum mit einem Ofen, an der hofseitigen SW-Ecke. Dort befindet sich
eine zu einem Fenster erweiterte
Wandnische, an deren Scheitel ein Kaminschacht in der Mauerstärke senkrecht nach
oben führt. Von der Nische führte ein heute teilweise vermauerter, nur schmaler Gang zum nahegelegenen Hocheinsteig. Diese Anordnung erlaubte das
Befeuern des Ofens von außerhalb, also ohne Störung der herrschaftlichen
Bewohner. Erhalten hat sich auch die originale Eingangstüre zur Stube: Sie liegt an der Westseite direkt neben dem ehemaligen Hocheinstieg und zeigt eine kunstvolle Abwandlung der für Bohlenbauten typischen Konstruktion: Die für die Tür durchtrennten Bohlen werden mit zwei senkrechten Zargen zusammengehalten, die unten an der Schwelle und oben an der ersten über der Türöffnung durchlaufenden Bohle befestigt werden. Der Türsturz wird hier durch zwei, in Giebelform schräg gegen die Mitte hin ansteigende Bretter gebildet, die mit Holznägeln ebenfalls an den durchlaufenden Bohlen, sowie an den beiden Zargen befestigt wurden. An der Unterseite ist der Türsturz durch einen Zweipass verziert, der somit die Durchgangslichte etwas erhöht. Bei der Ausführung der Wandflächen selbst muß zwischen zwei Bauarten unterschieden werden : Die beiden Innenseiten sind sie als Bohlenwand ausgeführt: Etwa 10 cm starke, auf beiden Seiten glatte und raumlange Bohlen wurden übereinandergestapelt. Sie sind an allen vier Seiten durch die zwei Ecksteher, den Schwellenrahmen und den Deckenrahmen fixiert. Die Höhe der einzelnen Bohlen variiert zwischen 30 und 40 cm. An den beiden Außenseiten ( Osten und südliche Hofseite ) besteht die Stube nicht aus Bohlenwänden, sondern ist als schwere Täfelung ausgeführt. Einzelne senkrechte Holztafeln von etwa 50 cm Breite und 190 cm Höhe wurden oben und unten in eine Nut eingeschoben. Die Stoßfugen sind mit Halbsäulen verdeckt, die nicht aufgesetzt, sondern plastisch aus der Tafel herausgearbeitet wurden. Dafür mußte also eine 10 cm starke Tafel auf etwa 90% der Fläche um 5 cm abgearbeitet werden, nur um an deren Rand eine 5 cm starke Halbsäule zu erhalten. Der damit verbundene Aufwand setzt den Beobachter des 21. Jahrhundert in Erstaunen. Die Halbsäulen enden oben und unten in stilisierten Würfelkapitellen..
Leider
haben sich in der Stube keine originalen Fensteröffnungen des 14.Jahrhundert
erhalten : Richard Schlegel beschreibt die große Stube ( Kemenate ) als einen homogenen Bau aus der Errichtungszeit des Schlosses, also um 1330. Mehrere Befunde deutet jedoch darauf hin, daß nur die beiden Innenwände der Stube ( also die Bohlenwände ) aus dieser Zeit sind, und die beiden Holzwände an den Außenseiten ( also die Täfelungen ) aus einem Umbau stammen. Was die Bohlenwände betrifft, ist ein Einbringen in die Ausnutungen der tragenden Säulen nur im Zuge der Errichtung des Palas und vor Anbringen des Unterzugs vorstellbar, da sie nur von oben in die Nut eingeschoben werden konnten. Solange keine Dendrodaten vorliegen ( das Übermass von waldkantig erhaltenen Hölzern müsste die Dendrochronologen eigentlich in Scharen nach Goldegg locken ) , muß man bei den Bohlenwänden also von einer Errichtung um 1330 ausgehen.
Mehrere
Befunde weisen jedoch auf einen sekundären Einbau der Täfelung hin : Zweitens zeigt das verformungsgerechte Aufmaß, daß die Täfelung an den Raumenden mit 190 cm wesentlich höher ist als in der Raummitte (170 cm ), d.h. sie nimmt Rücksicht auf die Durchbiegung der Balkendecke. Der Einbau muss also zu einer Zeit erfolgt sein als die Decke schon durchgebogen war. ( Auch bei den bemalten Renaissancetäfelungen im darüber liegenden Rittersaal ist die Anpassung an die Durchbiegung des Fußbodens zu beobachten) .
Drittens zeigt ein Grundrissplan des Schlosses aus dem Jahre 1821 an der
Hofseite der Stube eine Wandnische von etwa 2 Metern Breite, wahrscheinlich von
einem Fenster. Als im 16. Jahrhundert der Osttrakt des Schlosses errichtet
wurde, wurde dessen Hofseite in eigentümlicher Weise abgeknickt, um diese Nische
nicht vollständig zu verbauen. An der Hofecke, wo der Osttrakt an den Palas
stößt, wurde ein schräg nach innen laufendes Fensterchen eingebaut, das
diese Wandnische belichtet. All dies hätte keinen Sinn, wenn die Hofseite der
Stube, so wie heute, vollflächig vertäfelt gewesen wäre. Auch Schlegel selbst
erwähnt in seiner Beschreibung aus dem Jahr 1932 diese Nische, interpretiert sie
als einen vermauerten Durchgang zum Osttrakt, zeichnet sie auf seinem Plan aber
nicht ein. . All dies deutet darauf hin, daß die Täfelung erst nachträglich eingebaut wurde, und zwar frühestens im 16.Jahrhundert, die Hofseite in ihrer heutigen Form sogar erst im 19.Jahrhundert oder noch später. Davor muß an der Hofseite ein in einer tiefen Nische liegendes Fenster bestanden haben, das bei der Errichtung des Osttraktes fast völlig vermauert wurde, und durch das kleine Eckfenster nur notdürftig ersetzt wurde. Die offensichtliche Ähnlichkeit zwischen Balkendecke und Täfelung lässt aber eher an eine Wiederverwendung einer alten Täfelung als an eine Neuanfertigung denken. Die wahrscheinlichte Erklärung scheint zu sein, daß beim Umbau des 16.Jahrhundert Täfelungen bei der Neugestaltung des Renaissancesaals im 2.OG entfernt und im 1.OG wiederverwendet wurde, weil sich die Täfelung für die vergrößerten Fensteröffnungen besser eignete als die Bohlenwand. kleine Stube : An der Nordostseite der großen Stube ist eine zweite, wesentlich kleinere hölzerne Stube angebaut, die sich in Form und Ausführung wesentlich von der größeren unterscheidet.
Die
Stube hat einen stark unregelmäßig rechteckigen Grundriss. Die Südseite misst
4,7 Meter , die Ost- und Westseite jeweils 3,91 Meter, die Nordseite 4,0 Meter.
Die Decke ist eine geknickte Holzbalkendecke, die auf ebenso einfache, wie zweckmäßige Weise errichtet wurde: Die vier Wände der Stube wurden bis über den höchsten Punkt der Decke hochgezogen. An den beiden Schmalseiten wurde jeweils eine, die Form der Decke vorgebende Leiste befestigt, in die insgesamt 8 einfach gefaste Deckenbalken eingezapft wurde. Die Zwischenräume zwischen den Deckenbalken wurden durch eingepasste Deckläden verschlossen. Auch hier konnte die Decke sehr leicht ausgeführt werden, weil sie keinerlei Lasten zu tragen hatte. Schon Schlegel vermutete in der kleinen Stube einen sekundären Zubau, und dies lässt sich durch zahlreiche Befunde auch beweisen: Handelte es sich um eine primäre Stube, müssten die waagrechten Bohlen an den beiden Außenseiten eingemauert sein. Diese haben zwar die für BlockwerkStuben typische, nur grob geglättete Rückseite mit stark abgefasten Längskanten, sie liegen aber etwa 8 cm von der Mauer entfernt, und es gibt keinerlei Abdrücke der Bohlen im Mörtel. An mehreren Stellen lässt sich feststellen, daß Kratzer und andere Spuren von Abnützung abrupt am Stoß zwischen zwei Bohlen enden. Schließlich ist die handwerkliche Ausführung im Vergleich zur großen Stube bestenfalls als zweitklassig zu bezeichnen. In Summe liegt der Schluss nahe, daß hier das „Abbruchmaterial „ der beiden Außenseiten der großen Stube zweitverwendet und auf teils recht primitive Art zu einer gotischen Stube zusammengeschnitten wurde. Dabei ist insbesondere eine Bohle von Interesse, in der sich ein spitzbogiges Fensterchen erhalten hat. Die etwa 33 cm hohe Öffnung findet zur Gänze in der 55 cm hohen und 9,5 cm starken Bohle Platz. An der Rauminnenseite ist es von einem rechteckigen Falz umgeben, dessen oberer Abschluss von einem 3/8 Schluss gebildet wird. Er diente wohl zur Aufnahme eines Rahmens, in dem eine Verglasung oder eventuell auch nur ein hölzerner Verschluss befestigt war. An der Außenseite der Bohle ist das Fenster schräg nach oben und auf die Seiten hin getrichtert, nicht jedoch nach unten.
All
dies lässt den Verdacht aufkommen, daß es sich hierbei um eine Bohle handelt,
die eine inzwischen verschwundene Fenstergruppe an der Hofseite der primären
Stube nach innen hin abschloss. Leider wurde sie bei der Übersiedlung knapp
neben der Öffnung abgeschnitten, weshalb man nicht mehr sagen kann, ob sich
darauf noch mehrere gleichartige Öffnungen befanden. |
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