Zwei Rundtürme auf der Burg Kollmitz
NÖ / Bez.Waidhofen a.d. Thaya /Gem. Raabs
Die Silhouette der auf einem Umlaufberg der Thaya gelegenen Burgruine Kollmitz wird von zwei mächtigen Rundtürmen geprägt.
Der Bergfried: Wenn die frühe Burgenforschung grundsätzlich den Bergfried als den ältesten Teil jeder Burg interpretierte, so ist Kollmitz der Gegenbeweis dieser Theorie. Hier ist der Rundturm eindeutig über ein älteres Gebäude gestellt, das heute großteils verfallen, sich von der Turmhinterseite gegen das Ende des Spornes hin erstreckte (im Plan orange dargestellt).
Der Rundturm (im Plan hellrot) ist ein durchgehender Zylinder von nur 8,50 Metern Durchmesser, der vom Keller bis zur Wehrplatte eine konstante Mauerstärke von 2,90 Metern behält. Daraus resultiert ein kreisrunder Innenraum von nur etwa 2,60 Metern Durchmesser, der fast zur Gänze von der Treppenkonstruktion eingenommen wird. Von einer echten Bewohnbarkeit ist daher nicht auszugehen. Mit einer Höhe von etwa 25 Metern ist der Turm weniger hoch als er wegen seiner schlanken Proportionen wirkt.
Der Turm ist aus Bruchstein gemauert, mit deutlich erkennbaren Abgleichslagen in Abständen von etwa 50 cm. Er ist großteils mit einer leichten Putzschicht überzogen, die scheinbar an den Abgleichslagen gestoßen ist. Ein Balken des Wehrgangs konnte dendrochronologisch auf 1320/1321 datiert werden, daher liegt eine Errichtung des Bergfried durch die Herren von Wallsee nahe, die schon in Jahre 1293 als Besitzer der Burg genannt werden. (Quelle: Fries/Woldron: Burgruine Kollmitz, 2012).
Der Hocheinstieg liegt an der Rückseite und war vom Dachgeschoss eines Gebäudes zugänglich, das auf dem Fundament der Altburg aufgestockt war (im Plan hellgrün). Er hat ein rundbogiges, nicht gefastes Portal, dessen Außenseite die Krümmung des Rundturmes aufnimmt.
Unter dem Fußboden des Einstiegsgeschosses liegt ein 7 Meter tiefes, nur durch einen (heute vermauerten) Lichtschlitz spärlich erleuchtetes "Verlies".
Eine rezente Holztreppe, die aber in etwa der ursprünglichen Konstruktion entsprechen dürfte, führt über 3 Zwischengeschosse auf die Wehrplattform. Diese liegt heute frei, hatte aber ursprünglich (lt. Darstellung in Vischer's Schlösserbuch) ein spitzes Kegeldach.
Ein Stockwerk darunter lag ein umlaufender Wehrgang, der über eine Türe an der Rückseite zu erreichen war. Davon sind heute nur die Löcher der Tragbalken erhalten. Auf dem selben Niveau wurde nachträglich an der Feldseite eine breite Nische in der Mauerstärke ausgebrochen, an deren Ende ein Rechteckfenster lag. Dies kann wohl als Aufenthaltsraum der Turmbesatzung interpretiert werden.
Knapp vor dem Rundturm wurde eine keilförmig geknickte Schildmauer von erheblicher Stärke errichtet. (im Plan dunkelrot). Sie ist an dem Brgfried angebaut, dürfte aber nur kurz nach dem Bergfried, also auch um 1320 errichtet wurden sein. Das Mauerwerk zeigt mehrere Materialwechsel, die Zinnenreihe wurde nachträglich vermauert.
Der Hungerturm: Mitte des 15. Jahrhunderts wurde der Burg eine großflächige Vorburg vorgelagert, die einen etwa dreieckigen Grundriss hatte. An der Angriffsseite endete die Vorburg in einer Mauer die den gesamten Hang absperrte, mit einem Torturm an der tief gelegenen West-Ecke und dem Batterieturm an der höchsten Stelle, der Nord-Ecke. Zu beiden Seiten der mit den Türmen gesicherten Mauer fällt der Burgfels fast senkrecht gegen das Thayatal ab.
Nur gegen Norden steht die Vorburg relativ ungeschützt in dem nach außen leicht ansteigenden Gelände. Deshalb wurde an der höchsten Stelle der Vorburg, an der Nord- Ecke ein mächtiger Rundturm errichtet, der diese Schwachstelle sichern sollte. Der Turm hat im Einstiegsgeschoß einen Durchmesser von 10,5 Metern bei einer Mauerstärke von 3,7 Metern.
Diese Mauerstärke verringert sich nach oben hin geringfügig. Auf Höhe des Wehrganges jedoch springt die Mauerstärke an der Außenseite um ca. 70 cm ein. Dieser Rücksprung diente als Auflage eines hölzernen Wehrganges, der zusätzlich von steinernen Konsolen unterstützt wurde. Die Dachkonstruktion die zugleich den Wehrgang überdeckte, kann man sich so vorstellen wie sie in Heidenreichstein noch erhalten ist.
Der Zugang zu Turm erfolgte über einen an der Ringmauer innen angebrachten Wehrgang, der heute durch eine Stahlkonstruktion ersetzt ist. Das Turmportal ist eine spitzbogige Türe mit Mittelschluss, von der Türnische führt schräg durch die Mauerstärke ein Scharte, durch die der Zugang vom Wehrgang einsehbar ist.
Der Innenraum des Einstiegsgeschoßes war tonnengewölbt. Von dem 3.5 Meter langen Gang zwischen Einstieg und Innenraum führt eine Treppe in der Mauerstärke in das darüber liegende Geschoss. Dort sind noch mehrere kleine vermauerte Fenster zu sehen, die aber nur zur Belichtung gedient haben konnten.
Außer einiger Schlüsselscharten zeigt der Turm keine wesentlichen Verteidigungselemente. Man kann hier also nicht von einem Batterieturm sprechen, der eine effektive Verteidigung erlaubte, sondern lediglich von einem gemauerten Hindernis, das Distanz zwischen die Angreifer und die Hauptburg bringen sollte.
Die Böhmische Mauer: Anscheinend war dem Burgherren bald bewußt, daß auch der mächtige Turm in dem ungünstigen Gelände keinen wirklichen Schutz bieten konnte. Daher wurde um das Jahr 1450 etwa 300 Meter vor der Burg eine über 100 Meter lange Sperrmauer errichtet, die den gesamten Burgberg absperrte. An beiden Enden wurde sie mit vorspringenden Rechtecktürmen abgeschlossen, ein weiterer sitzt mittig in der Mauer und hatte ein spitzbogiges Tor mit Zugbrücke. Die Mauer hatte über die gesamte Länge Rechteckzinnen und einen Laufgang. Die Böhmische Mauer ist als vorgeschobene Verteidigungseinrichtung in Österreich einzigartig, und stellt eine frühe Reaktion auf den Einsatz von schweren Feuerwaffen als Angriffswaffen dar. Einerseits erkannte man, daß es das wichtigste Ziel sein mußte, die Angriffswaffen auf Distanz von der Burg zu halten. Andererseits war die Mauer selbst eine reine Defensivmaßnahme, und hatte (im Gegensatz zu den vorgeschobenen Verteidigungswerken in Eppenstein, Waxenberg oder Rannariedl keinerlei Einrichtungen, die den Verteidigern selbst den Einsatz schwerer Waffen ermöglichten.
Trotzdem war sie ein militärischer Erfolg, denn der einzige historisch nachweisbare Angriff auf die Burg durch Truppen des Böhmenkönigs Podiebrad im Jahre 1451 konnte schon an der böhmischen Mauer abgewehrt werden.