Ortenburg
Ktn / Bez. Spital an der Drau / Gem. Baldramsdorf
Der Plan der Ortenburg ist ein Archivfund. Vermessen habe ich die Burg schon im Sommer 2000, der Plan ist dann aber jahrzehntelang in einer Schublade herumgelegen. Denn die Burg ist für den Planzeichner irgendwie frustrierend. Einerseits ist die Burg sehr groß, andererseits hat die Ruine sehr wenige erfassenswerte Details. Daher ist ein ein Plan in 1:100 zwar größer als ein Din A1-Bogen, zeigt aber eigentlich nur die Umfassungsmauern und in der Mitte einen großen weißen Fleck. So ist die Vermessung der Ortenburg wegen der Dimension schwierig, aber wegen der fehlenden Details auch äußerst unbefriedigend. Also fehlte die Motivation den Plan und eine Baubeschreibung der Ortenburg zu vervollständigen.
Weiters zählt die in den 1980er Jahren erfolgte Sanierung und Sicherung der Burgruine wohl zu den schlechtesten Beispielen, wie man so etwa abhandeln kann. Ein griffiger Ausdruck ist die „Tschernobyl-Methode“: Alles wurde mit Tonnen von Beton übergossen. Dabei ging so gut wie jeder mögliche Baubefund verloren. Mauerwerkstrukturen sind nicht mehr erfassbar, Baufugen nicht mehr sichtbar. Daher überwiegt im Baualterplan die Farbe grau für "undefinierbar".
Positiv ist zu bemerken, dass die wenigen erhaltenen Mauerzüge gesichert wurden und die Burg über die spektakuläre und wohl dem Original entsprechende Brückenkonstruktion sicher begehbar ist. Das unmittelbare Umfeld der Burg, der Graben, die an die Burg grenzenden Hänge, aber auch Teile des Burggeländes wie die Apsis der Burgkapelle und die Reste der innen an die Ringmauer angestellten Gebäude, sind mit einem undurchdringlichen Dickicht aus Haselnussstauden überwuchert. Nur der eigentliche Burghof und der Wohnturm mit Kapelle im Norden sind heute gepflegt und begehbar.
In den 24 Jahren, die der Plan in einer Schublade lag, hat sich die Technik rasant weiterentwickelt. So konnte ich den von mir vermessenen Plan der Kernburg um ein Geländemodell und die Brücke erweitern. Die Daten dafür stammen aus dem KAGIS, einer Digitalen Landkarte Kärntens mit Höhenschichten. Luftbildern etc. (Link: Kagis)
Lage:
Die Burg, einst die Stammburg des mächtigen Geschlechtes der Ortenburger, liegt auf einer gegen Norden aus dem gegen das Goldegg massiv ansteigenden Hang vorspringenden Rückfallkuppe. Auf drei Seiten fällt das Gelände relativ steil gegen das Tal hin ab, nur im Norden liegt ein breiter und tiefer Graben.
Markus Wenninger hat 2024 in seinem Artikel die Gesamtanlage beschrieben, die sich über den gesamten Abhang des Berges hinzieht. Sie umfasste neben der Hauptburg noch den Turm der Marhube, eine mittlere Wehranlage auf halber Höhe des Hanges und die untere Burg an der Talsohle. Damit war die Ortenburg im Mittelalter die größte Burganlage Kärntens. Hier soll nur die Hauptburg beschrieben werden.
Die Hauptburg erstreckte sich zwischen einem hangseitig über Eck gestellten Bergfried von erstaunlich geringer Dimension. (Bergfried I) und einem etwa 45 Meter dahinter quer zum Hang gestellten Trakt mit einem Wohngebäude und der Burgkapelle. Dazwischen lag ein geräumiger, dreieckiger Hof von etwa 800 m2 Fläche.
Bergfried I:
Der Bergfried I (im Plan rot) überrascht durch seine geringe Dimension. Seine Kantenlänge beträgt nur etwa 640 cm, die Nordostecke ist etwas abgeschrägt, wahrscheinlich wegen des Flankentors.
Hier ist das Mauerwerk von den Sanierungsbemühungen weitgehend unberührt geblieben. Es handelt sich um großformatiges Bruchsteinmauerwerk in Einzellagen. Die Eckquader sind aus dem selben Material wie die Mauerflächen gefertigt und haben vereinzelt beeindruckende Dimensionen. Ein Datierungsansatz könnte "um 1200" sein. Der Turm ist noch etwa 15 Meter hoch erhalten, nur seine Ostecke ist eingestürzt. An den erhaltenen und einsehbaren Seiten ist keine einzige Maueröffnung zu erkennen.
Bergfried II
Der ältere Bergfried wurde, wohl im 14. Jahrhundert von einem neuen, größeren Turm mit abgerundeten Kanten überbaut. Er ist etwa 10 Meter breit, 9 Meter tief und hat Mauerstärken von etwa 2,5 Metern. Seine beiden gegen den Graben gerichteten Ecken sind abgerundet, ein Detail das in Kärnten auch bei anderen Türmen des frühen 14. Jahrhunderts zu finden ist (etwa in Hochkraig: Link zu meinem 20 Jahre alten Artikel über Hochkraig). Ob die große rundbogige Öffnung an der Nordseite auch nur einigermaßen dem Original entspricht oder eine freie Erfindung der Sanierungsphase ist, bleibt ungeklärt.
An seiner NO-Ecke springt der ältere Turm etwa 60 cm weit hervor, ein weiterer Hinweis, dass sich hier das ursprüngliche Tor befand, dessen Lage auch bei dem Umbau nicht verlegt werden konnte. Östlich des Bergfrieds ist heute eine breite Lücke, durch die der Zugang zum Bughof erfolgt. An dieser Stelle ist das ursprüngliche Burgtor zu vermuten. An der NO-Ecke des Bergfrieds II ist noch der Ansatz einer Mauer zu sehen in der wohl das Burgtor gelegen hat.
Westliche Ringmauer und Wohngebäude
An den Turm schließt im Westen eine gut 2 Meter starke Ringmauer an, die mit nur einem markanten Knick bis zum talseitigen Ende der Burg führt. Eine Datierung wird durch die oben beschriebenen Betonoberflächen verhindert, eine Erkundung von außen wegen des Bewuchses unmöglich. Sie dürfte aus derselben Zeit stammen wir der Bergfried II, könnte aber eine älter Mauer ersetzen oder überbauen.
An die Ringmauer war hofseitig ein etwa 30 Meter langes Gebäude angestellt, von dem 2000 noch ein Lichtschlitz, ein Kellerfenster und innen der Ansatz eines Tonnengewölbes zu sehen war. All dies ist heute unter dichtem Bewuchs versteckt. Die wstliche Ringmauer ist vom Hof aus praktisch nicht mehr erreichbar.
Osttrakt
Die östliche Ringmauer zeigt an ihrem nördlichen Ende, also unmittelbar hinter dem Burgtor, noch 3 Lichtschlitze mit einer darüberliegenden Balkenreihe. Es dürfte als auch hier ein Gebäude gestanden haben. Markus Pernhard zeigt hier eine hohe Mauer mit Zinnnereihe.
Weiter im Süden schließt das Fundament eines längsrechteckigen Gebäudes von etwa 21,5 x 8,5 Metern an. In der Zeichnung von Valvasor aus dem Jahr 1661 ist an der Ostseite der Burg ein durchgehenden Wohntrakt mit 10 Fensterachsen und 3 Fenstergeschoßen zu sehen, der also über eine Wohnfläche von gut 750 m2 verfügt haben muss.
Nordtrakt, Burgkapelle und Wohnturm
An der Talseite im Norden sind noch die Reste der Burgkapelle und eines gotischen Wohnturmes mit starkverzogen rechteckigem Grundriss zu erkennen. Die wohl einzige erhaltene, bzw. zu erahnende Baufuge zeigt, dass der Wohnturm an die ältere Burgkapelle angebaut wurde.
Die Kapelle war ursprünglich romanisch. Fotos aus den 1980er Jahren, also vor der Sanierung zeigen romanische Rundbogenfenster. Die Kapelle hatte ursprünglich wohl eine Rundapsis, die im 14. Jh. durch eine aus dem Bering auskragende, gotische Apsis mit 5/8 Schluss ersetzt wurde. Davon sind noch drei spitzbogige Fenster und eine Gewölbekonsole erhalten, verschwinden aber zunehmend unter dem sich stetig vermehrenden Bewuchs.
Die beiden Öffnungen zum Wohnturm wurden im Laufe der Restaurierungen in Lage und Größe so stark verändert, dass sie keinerlei Rückschlüsse auf den ursprünglichen Zustand mehr erlauben, ja diese sogar verhindern und einen völlig falschen Eindruck erwecken.
Vor der Sanierung waren noch romanische Fenster zusehen, diese wurden aber wegrestauriert.
Nordturm
Der aus der Nordfront der Burganlage vorspringende Turm wurde nachträglich hangabwärts an die Kapelle angestellt. r wird in der Literatur meist als Wohnturm bezeichnet. Seine geringe Dimension mit gerade einmal 16 m2 pro Etage lässt es unwahrscheinlich erscheinen, dass es sich hier um das Hauptwohngebäude der Grafen von Ortenburg handelt.
Leider haben die Burgensanierer der 1980er Jahr hier ganze Arbeit geleistet. Die großen Fensteröffnungen sind frei erfunden und nur dazu da große Mauerausbrüche zu stabilisieren. Lediglich eine Reihe Balkenlöcher ist erhalten geblieben.
Brücke und Vorburg
Beeindruckend ist der Zugang zur Burg.
Er beginnt an der Außenseite eines tiefen Grabens an der Ostseite der Burg und führt über eine etwa 35 Meter lange und gut 8 Meter hohe Holzbrücke, die auf 2 gemauerten Pfeilern gestützt wird. Sie endet auf einem Felskopf von gut 15 Metern Durchmesser und macht dort eine 90 Grad Kurve gegen Norden. Dabei wird ein Gebäude umrundet, das heute noch in Resten erhalten ist.
Ein heute nicht mehr sehr hohes, turmartiges Gebäude mit abgerundeten Ecken, wahrscheinlich eine Art Torwächtergebäude, von dem aus man die Brücke decken konnte. Von ihm gingen noch zwei Mauerzüge aus, die durch den Graben bis zur Hauptburg führten.
Der Weg zur Hauptburg führt dann über eine eine weitere, 20 Meter lange Brücke rechts am gotischen Bergfried II vorbei zu einem Flankentor, das heute nur noch an einer Abrisskante am Bergfried zu sehen ist.
Eine vergleichbare spätgotische Wegeführung findet sich etwa in Thaur/Tirol.
Dem Bergfried wurde dann noch ein Zwinger vorgelagert, dessen Mauerwerk ebenso undefinierbar ist, der aber noch über gut erhaltenen Kanonenscharten verfügt. Der Zwinger dürfte also wohl erst aus der frühen Neuzeit stammen oder zumindest stark adaptiert.