Der Wohnturm von Ligist
Stmk / Bez. Voitsberg / Ligist
Am Wohnturm von Ligist gibt es drei wesentliche Bauphasen: weitere sind möglich aber nicht mehr klar erkennbar.
Ligist: Wohnturm Breitseite (Planaufnahme 2000)
Um 1200 wurde der Turm in einem Zug bis zu seiner jetzigen Höhe errichtet.
Außenmaße: L=12.00m B=9.60m H=18,70m , davon 15,20 über dem jetzigen Hofniveau.
Mauerstärke im jetzigen EG 220 bis 250 cm
Mauerwerk : streng lagenhaftes Mauerwerk aus quaderartig behauenen Steinen. Keine Ausgleichsschichten nötig. Sorgfältig behauene Eckquader, etwas dunkler als die Mauerflächen.
Geschoßeinteilung:
Keller (wahrscheinlich flache Balkendecke)
[M-1] Erdgeschoß, (wahrscheinlich flache Balkendecke) [M0]
1.OG mit Tonnengewölbe [M1], eine Treppe in Mauerstärke führte in das 2.OG (Balkendecke ) [M2], darüber noch ein drittes OG. [M3].
ein massiver Umbau fand im 16. jahrhundert statt:
Das romanische Tonnengewölbe im 1.OG wurde abgetragen und durch eine auf Wandkonsolen ruhende Decke ersetzt. Die Geschoßhöhen wurden dadurch stark verändert. Das 2.OG [R2] konnte durch den Wegfall der Tonne um über 2 Meter abgesenkt werden, das 3.OG [R_3] wurde um ca. 50 cm abgesenkt.
Im Erdgeschoß wurde ein Tonnengewölbe mit Stichkappen eingezogen. ( ev. etwas älter )
An den Turm wurden außen Gebäudetrakte angebaut, die Ausnehmungen für die Balkendecken an der Turmaußenseite eingestemmt. Zahlreiche Türöffnungen zu den neuen Gebäudetrakten wurden durch die Außenmauer des Wohnturmes gebrochen. Große Rechteckfenster wurden ausgebrochen . Dabei wurden fast alle mittelalterlichen Fensteröffnungen zerstört. Die Treppe in der Mauerstärke wurde stillgelegt und vermauert. Die Geschoßerschließung im Renaissancebau lag wahrscheinlich außerhalb des Turmes, jedenfalls lässt sich keine Treppe nachweisen.
Bei Sanierungsmaßnahmen Ende des 20 Jahrhunderts wurde insbesondere an der Westseite ein durchgehender breiter Mauerriss in den oberen Geschoßen geschlossen. Aus statischen Gründen wurden einige Fensterstürze eingebaut, die nicht die originale Form haben, teilweise auch an Stellen platziert wo ursprünglich gar keine Öffnungen gewesen sind. Die verfallene Mauerkrone wurde aufgemauert und mit einem flachen Betonkranz als Auflage für das Dach versehen. Die Balkenlöcher an der Außenseite des Turmes wurden vermauert.
Nutzfläche ca. 4,33 x 7,24 = 31,3 m2; Wandstärke ca. 265 cm
Das Kellergeschoß ist jetzt mit einem (rezenten ?) Tonnengewölbe aus Ziegeln überdeckt. Die beiden einzigen Öffnungen, eine Türe an der Hofseite und eine große schräg nach oben führende Öffnung an der Feldseite sind nicht mittelalterlich. Im Mittelalter war der Raum wahrscheinlich ein fensterloser Keller mit flacher Balkendecke, der nur vom Inneren des Turmes zugänglich war.
Es ist kein natürlicher Fels zu sehen, was darauf schließen läßt, daß das Hofniveau außen ca. 4 Meter hoch angeschüttet ist. Fußboden verschüttet, Raumhöhe auf etwa 350 cm geschätzt .
Nutzfläche ca. 5,10 x 7,55 =38,5 m2; Wandstärke ca. 220 cm.
Auch dieser Raum hatte im 12./13. Jahrhundert wahrscheinlich keinen Zugang von außen und hatte als Belichtung nur einen Lichtschlitz an der sicheren östlichen Schmalseite.
Die ursprüngliche flache Balkendecke wurde in der Renaissance (oder etwas früher ?) durch ein Tonnengewölbe mit seitlichen Stichkappen ersetzt. An den Ansätzen der Stichkappen und an den Schmalseiten ist noch der unter das Gewölbe verlaufende mittelalterliche Putz zu erkennen. An der Nord-Seite haben sich mehrere runde Rüstlöcher mit einem Durchmesser von nur 5 cm erhalten (die in den oberen Etagen nicht mehr zu sehen sind), in einigen stecken noch die Rüsthölzer.
An der hofseitigen Fensteröffnung ist das rechte Gewände mittelalterlich, wahrscheinlich ursprünglich nur ein Lichtschlitz, der später zu einem Fenster vergrößert und rezent restauriert wurden. Daneben eine gemauerte rechteckige Wandnische. Die Tür an der Ostseite wurde in der Renaissance als Verbindung zu einem anliegenden Wohntrakt durchgebrochen.
Nutzfläche ca. 5,25 x 7,7 = 40,4 m2 ; Wandstärke ca. 210 cm
Dieses Geschoß war ursprünglich ein tonnengewölbter Raum mit einer Scheitelhöhe von ca. 5 Metern. Der Ansatz des Tonnengewölbes ist an der Schmalseite noch gut zu sehen. Dort gibt es noch geringe Reste der ursprünglichen Tonne. Um am Tonnengewölbe vorbei in den nächst höheren Stock zu gelangen, wurde in der Mauerstärke der Nord-Wand eine steile nur 50 cm breite Treppe angelegt. Sie hat ca. 25 Stufen, keine Belichtung von außen und eine aus Steinplatten geformte abgetreppte Decke. Die lichte Höhe beim oberen Ausstieg beträgt nur ca. 177 cm. Der Einstieg der Treppe hatte ein gelbliches Sandsteingewände, das jetzt großteils herausgerissen und nur im unteren Bereich unter dem Putz erhalten ist. Die Treppe reichte ursprünglich ebenfalls bis zum Fußboden, die untersten 50 cm sind jetzt vermauert, die Treppe innen bis zu dieser Höhe verschüttet.
An der Ostseite hat sich ein schönes romanisches Doppeltrichterfenstermit beidseitiger trichterförmiger Laibung erhalten. Die Breite von etwa 70 cm an der Innenseite verringert sich in der Mitte der Mauer auf nur 20cm und erweitert sich gegen die Außenseite hin wieder auf etwa 70 cm. Der rundbogige Sturz ist aus länglichen, radial angeordneter Steinen gebaut, die bis in die Mauermitte reichen. Die Laibungen an der Innen- und Außenseite waren ursprünglich aus Hausteinen geformt, fehlen heute aber. An der engsten Stelle des Fensters, in der Mitte der Mauerstärke, war ein weiteres rundbogiges Sandsteingewände eingebaut, das großteils noch erhalten ist, weil man es dort nicht herausreissen konnte. Die Ausrichtung gegen Osten könnte auf eine Kapelle schließen lassen.
Kamin: Als in der Renaissance die Mauertreppe ihre Funktion verloren hatte, wurde der Treppeneinstieg vermauert und dort ein Kachelofen platziert, dessen Fundament ca. 180x180 cm misst. Für den Kamin wurde außen in der Mauer ein Kanal eingestemmt und dann mit einer dünnen Ziegelwand verschlossen. Das untere Ende des Kamins wirkt jetzt wie ein kleiner in der Mauerstärke liegender Raum, der auch von außen zugänglich war. Ob hier eine alte Türöffnung verwendet wurde, oder ob der kleine Raum dazu diente den Kamin von außen beheizen zu können ist nicht ganz klar. An der West-Seite innen im Kamin noch geringe Reste eines mittelalterlichen Gewändes [208] . Ob Fenster oder Türe ist nicht klar.
Der vom Stichkappengewölbe getragene Boden war wahrscheinlich eine Mischung aus glattem Estrich mit eingelegten Holzdielen. Nach Verfall des Holzbodens sind die unterschiedlichen Fußbodenniveaus noch klar zu erkennen.
Nutzfläche ca. 5,4 x 7,7 = 41,5 m2 ; Wandstärke ca. 210 cm
Das zweite OG wurde beim Renaissanceumbau stark verändert. Im 13. Jahrhundert lag es über dem Tonnengewölbe, hatte eine Raumhöhe von etwa 280 cm und eine Balkendecke: Folgende Details des mittelalterlichen Baus sind noch zu sehen:
Der Ausstieg der Mauertreppe hat einen einfachen, waagrechten Sturz aus einfacher Steinplatte. Die Seiten sind aus geschichteten Quadern gemauert, von denen der unterste hochkant steht.
Neben dem Ausstieg liegt in der Nordseite ein einfaches Rechteck-Fenster mit geradem Stutz aus einem grob behauenem Quader. Das Fenster liegt wider Erwarten nicht in einer Mauernische , sondern reicht durch die ganze Mauerstärke, die hier immer noch ca. 220 cm beträgt.
Daneben eine Wandnische, wahrscheinlich für einen kleinen hölzernen Wandschrank.
Eine ähnliche Wandnische liegt in der östlichen Schmalseite .
Ebenfalls in der Ostseite hat sich eine mittelalterliche Türe erhalten, deren der stichbogiger Sturz aus Keilsteinen wahrscheinlich sekundär ist. Die Seitengewände gestehen aus aus geschichteten Quadern, die untersten wieder hochkant. Ob dies der ursprüngliche Hocheinstieg ist unklar. Nach dem Renaissance-Umbau lag diese Türe vom Niveau falsch und war hinter einer Konsole verborgen, war also wahrscheinlich stillgelegt.
Nutzfläche ca. 6,4 x 8,7 = 55,7 m2 ; Wandstärke ca. 150 cm
Das 3. Obergeschoß wurde durch die o.a. Umbauten ebenfalls stark verändert. Im Mittelalter hatte es eine über die Schmalseite gespannte Balkendecke mit eingemauerten Balkenköpfen. Die Raumhöhe war etwa 220 cm ( bis zur heutigen Mauerkrone ! ). Folgende mittelalterliche Details sind noch erkennbar:
[406] An der Südseite 4 abgeschlagene, grobe Konsolen, die ca. 90cm über dem mittelalterliche und ca. 220 cm über dem Renaissance - Fußbodenniveau liegen. Zweck unklar.
[407] Fenster an der Ostseite: rezent, und wohl beim Schließen eines breiten Mauerausbruches entstanden. Passen zu keiner der beiden Geschosshöhen.
[408] Türe an der Nordseite : rezent , vielleicht an der Stelle einer Renaissance Verbindungstüre zum anschließenden Wohntrakt.
[409] Da die Mauerstärke im 3.OG um ca. 50 cm einspringt, mußte beim Absenken des Fußbodens die Wandstärke auf einer Höhe von etwa 1 Meter um diese 50 cm abgetragen werden .
Weiterführende Links:
Artikel in burgenseite.com aus dem Jahr 2001