Obervoitsberg
Steiermark / Bez.Voitsberg / Voitsberg
Burg Obervoitsberg liegt auf einer Kuppe oberhalb der Stadt Voitsberg, in deren Befestigung die Burg durch zwei den Hang hinablaufende Ringmauern eingebunden war. Ähnlich wie in Hainburg, Forchtenstein/Neumarkt, Kirchschlag am Wechsel oder auch Graz lag die Burg also direkt über der Stadt. Die ersten Nennungen der Burg, bzw. des Geschlechts stammen aus dem späten 12.Jahrhundert, die ältesten erhaltenen Teile der Burg selbst dürften aber nicht weiter als zu Mitte des 13.Jahrhundert zurückreichen.
Der älteste Bauteil der Burg ist - oder besser war - ein wahrscheinlich quadratischer Turm (im Plan orange) dessen spärliche Reste noch in der Mitte der Nordfront der Burg zu sehen sind. An ihn wurde östlich ein Wohnturm und westlich eine Ringmauer angestellt, der Turm danach abgebrochen und die resultierende Baulücke zugemauert. Dieses Mauerwerk (im Plan grün) unterscheidet sich durch die reichliche Verwendung von Ziegelsplit und die quadratischen Rüstlöcher von dem mittelalterlichen Mauerwerk der Ringmauer.
Heute sind nur die etwa 1 Meter hohen, quer durch die nördliche Ringmauer verlaufenden Mauerstücke des Turmes erhalten. Ob es sich dabei um einen Bergfried oder um einen aus dem Verlauf des Berings hervortretenden Torturm (etwa wie in Ulmerfeld - NÖ) gehandelt hat, kann heute nicht mehr gesagt werden.
Ein mindestens dreistöckiger Wohnturm (im Plan hellrot) von etwa 11x15 Metern, stand an der Nordwestecke der Burg. Von dem Turm sind noch die gesamte Ost und Nordseite, sowie ein Stück der Südseite erhalten. Die gegen die Innenseite der Burg weisenden Seiten sind dagegen völlig verschwunden. Die Nordseite war die Feldseite und zeigt daher auf der gesamten Höhe keine einzige Maueröffnung. Vor ihr lag ursprünglich ein tiefer Halsgraben, bei Vischer noch genau dargestellt, der jetzt zur Gänze zugeschüttet ist. Die Ostseite zeigt im Erdgeschoß nur 4 vermauerte, ca. 1 Meter hohe Lichtschlitze.
Das erste Obergeschoss enthielt die eigentlichen Wohnräume: Hier ist eine schön erhaltene dreiteilige Fenstergruppe, bestehend aus zwei rundbogigen, sich nach außen trichterförmig erweiternden Fenstern und einem dritten etwas kleineren mittig darüber zu sehen. Nur das südlichste der drei Fenster ist von außen sichtbar, die beiden anderen sind an der Außenseite bündig vermauert und überputzt. Unter dem stellenweise abgeplatzten Verputz ist in der Vermauerung reichlich Ziegelsplit zu sehen.
An der Südseite, wo der Wohnturm aus der Mauerflucht der Ringmauer vorspringt, ist eine weitere in Größe und Ausformung identische Trichteröffnung erhalten, die auf der Höhe der beiden unteren Öffnungen liegt.
Hinter dieser Fenstergruppe darf man eine aus Holzbohlen gezimmerte Stube von etwa 5,5 x 6,5 Metern vermuten. Innen fehlen jedoch die üblichen Hinweise auf eine Stube, wie Abdrücke der Holzbohlen im Mörtel, oder ein Rücksprung in der Mauerstärke im Bereich der Stube. Jedoch haben sich knapp unterhalb der Decke an der Südostecke die Negative von zwei tief ins Mauerwerk reichenden, in der Höhe versetzten schmalen Bohlen erhalten. Daraus ergibt sich eine Blockwerkstube mit in Blockschrot verbundenen Wandflächen und einer obersten Lage aus überkämmten Bohlen, deren über die Wandflucht hinausragenden Enden zur Fixierung der Stube eingemauert wurden.
Die Balkendecke über dem EG war aus stärkeren und enger versetzten Holzbalken gebildet als die Decke über dem 1. OG, wohl weil sie die Last der hölzernen Stube tragen mußte. Die Beheizbarkeit der Stube ist ungeklärt, der dazugehörige Kachelofen wird wohl im abgetragen Westteil des Wohnturms platziert gewesen sein.
Die Zerstörung dieser Fenstergruppe im Jahr 2000 war für mich die Motivation für den Menüpunkt "Vorher-Nacher", in dem Veränderungen von Burganlagen in unsterer zeit dokumentiert werden sollen.
Neben der Stube lag ein weiterer Wohnraum, der mit einem heute vermauerten Rechteckfenster belichtet war. Das Fenster hat ein Sandsteingewände, mit einem aus plattigen Steinen gemauerten Entlastungsbogen über dem geraden Fenstersturz. Ein Kamin in der Nordostecke beheitze deisen Raum.
Das Raumproramm des 1. Obergeschoss bestand also aus der klassischen Kombination einer beheizbaren Stube und einem wahrscheinlich mit einem offenen Kamin versehenen Sommerraumes.
Das zweite Obergeschoß enthält an der Ostseite einen einfachen Lichtschlitz und ein großzügiges Rechteckfenster, dessen Gewände so stark verwittert sind, daß man nichts genaueres mehr darüber sagen kann, außer daß das Gewände aus Sandstein ist. An der Südseite, direkt über der Trichterfenster im 1.OG befindet sich ein weiterer einfacher Lichtschlitz. An der Nordostecke liegen knapp unter der Decke zwei stark nach außen ansteigende rechteckige Mauerkanäle, von etwa 40x40 cm. Dabei dürfte es sich wohl um die Rauchabzüge für den Kamin des "Sommerraums" im darunterliegenden 1. Obergeschoss gehandelt haben. Auch die in diesem Bereich aussetzenden Deckenbalken weisen auf einen durch den Fußboden verlaufenden Kaminmantel hin.
Der Bereich ist aber durch unschöne rezente Einbauten verbaut und nicht zugänglich. Außerdem wurde die Ostseite des Wohnturms zwischen 2000 und 2007 zur Anbringung eines Pultdaches um etwa 1 Meter gekappt und das Rechteckfenster dabei bis auf Sturzhöhe abgetragen und vermauert.
Wahrscheinlich noch im späten 13. Jh wurde an den Wohnturm eine fast rechteckige Ringmauer von 35 x 53 Metern (im Plan dunkelrot) angebaut, so daß der Wohnturm nun nicht mehr freistand, sondern die NO-Ecke der vergrößerten Burg einnahm. Ob damals schon die SO-Ecke des Wohnturmes abgetragen wurde, läßt sich nicht mehr sagen. Die Ringmauer hat an der Basis eine Stärke von ca. 145 cm, die oben für einen Wehrgang auf etwa 80 cm einsprang. Später wurde dieser Mauerrücksprung ausgeglichen und die Mauer als Ganzes aufgestockt.
Die Ringmauer zeigt nur wenige originale Maueröffnungen: Einen Lichtschlitz an der NW-Ecke im Erdgeschoss - etwa vergleichbar mit denen am Wohnturm, zwei weitere am talseitigen Ende der Westseite, sowie einen an der Südseite. Leider ist die gesamte Südseite recht unvorteilhaft restauriert, bzw. mit einer dicken Beton-Mörtelschicht überzogen.
Jedenfalls kann man dort noch - also an der sichersten Stelle und in Blickrichtung zur Stadt - neben der groß ausgebrochenen rechteckigen Öffnung, der Rest eines rundbogigen Biforenfensters erkennen. Daneben noch ein weiteres vermauertes, wahrscheinlich rechteckiges Fenster. Beide sind aus demselben Sandstein wie das Rechteckfenster des Wohnturmes gefertigt. Wahrscheinlich stand hier also ein repräsentativer Wohnbau, mit einer Fensterfront in Richtung der Stadt. In der Renaissance bzw. Spätgotik wurde dieser Trakt dann zum eigentlichem Wohngebäude der Burg aufgestockt. Vischer zeigt ein dreistöckiges Gebäude mit vier Fensterachsen über die gesamte Südfront der Burg.
Die beiden Toröffnungen an der Westseite, durch die man jetzt die Burg betritt sind jedenfalls neuzeitlich. Von dem großen Tor ist bei Vischer nichts zu sehen, das kleinere, gegenüber der Gastwirtschaft, fehlt sogar noch auf Pipers Plan (um 1900). Das ursprüngliche Tor lag - bei Vischer noch gut zu sehen - neben dem Wohnturm an der Nordseite. Wahrscheinlich führte es durch den heute völlig abgebrochen Turm. Eine hölzerne Brücke führte über den tiefen Halsgraben zu dem frontal liegenden Tor.
An die beiden Längsseiten der Ringmauer waren innen Gebäude angestellt, von denen an der Ostseite noch ein kurzes Stück der hofseitigen Mauer erhalten ist. Die Gebäude waren zweistöckig, nur an der NW-Ecke - etwa im Ausmaß des Wohnturmes dreistöckig. Auf dem Plan von Knapp (1936) ist in der Mitte des Hofes noch ein Zisterne eingezeichnet die jetzt aber völlig verschwunden ist.