Salla-Klingenstein
STMK / Bez. Voitsberg / Gem. Maria Lankowitz
Die Neufassung des Beitrags zur Burg Salla-Klingenstein macht mich ein wenig wehmütig und nachdenklich:
Der Artikel wurde im Jahr 2000 auf burgenseite.com in der Rubrik „unbekannte Burgen“ veröffentlicht, weil es damals außer einem Grundriss im Miniformat von W. Knapp kaum Informationen zu dieser Anlage gab.
Mein Grundrissplan dazu wurde im Februar 1999 vermessen und im April 1999 gezeichnet. Die Burg war damals eine Vollruine, aber die Anwesenheit von Arbeitsgerät und einer Mischmaschine deutete schon darauf hin, dass hier Baumaßnahmen im Gange oder zumindest geplant sind.
Heute, also 21 Jahre später, ist die Burg teilweise wieder aufgebaut und um mehrere Stockwerke gewachsen. Es existiert ein für österreichische Burgen außergewöhnlich langer und gut recherchierter Wikipedia-Artikel. Im Jahr 2013 wurde die Burg zum Gegenstand einer Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie an der Karl-Franzens Universität Graz am Institut für Archäologie (vorgelegt durch Levete Horváth), in der mein Artikel aus dem Jahr 2000 als Quelle zitiert und kritisch hinterleuchtet wurde. 2005 erschien der Band „Burgruinen der Steiermark“ von Werner Murgg mit Plänen von Gerhard Reichhalter und Martin Aigner, in dem auf Salla-Klingenstein enthalten ist, und der 2021 eine neue und erweiterte Auflage erfahren soll.
Wenn ich nun heute im Jahr 2021 versuche den Artikel über die Burg Salla-Klingenstein auf den neuesten Stand zu bringen, muss ich mir eingestehen, dass das Wertvollste wahrscheinlich die Fotos aus den Jahren 1994 bis 1999 sind, auf denen die Burg im ursprünglichen ruinösen Zustand zu sehen ist. Und dass mein wesentlichster Beitrag zur Bauforschung an dieser Burg die Möglichkeit ist zu dokumentieren, was hier Original und was Wiederaufbau ist.
Mit Freude nehme ich auch zur Kenntnis, dass in den vergangenen 20 Jahren die Burgenforschung zu einer etablierten Wissenschaft geworden ist, in der man auch Diplomarbeiten und Doktorarbeiten abliefern kann, dass nun im Denkmalschutz nicht nur über die Vergoldung von Barockaltären diskutiert wird, sondern auch über das Wesen von mittelalterlichen Wehrbauten. In den Publikationen zu Burgen sind die vor wenigen Jahrzehnten üblichen Fehlleistungen wie „Turm wahrscheinlich aus römischer Zeit“, „Berchfrit das älteste Gebäude an der höchsten Stelle der Burg“ , „ Bollwerk gegen den Ungarn-Sturm“ großteils verschwunden und wurden durch detailverliebte Diskussionen ersetzt, ob eine Bauphase nun in die „2.Hälfte des 3.Drittel des 13. Jahrhunderts“ oder doch „um 1300“ zu datieren sei.
Erfreulich ist, dass Burgen in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt sind und viele Privatpersonen es sich zur Aufgabe gemacht haben, verfallende mittelalterliche Gemäuer zu dokumentieren, zu retten und zu sanieren.
Durch all diese Faktoren ist die Kategorie der „unbekannten Burgen„ aus dem Jahr 2000 deutlich geschrumpft. Und das ist auch gut so!
Doch nun zurück zur Burg Salla-Klingenstein!
In Ihrem Grundriss könnte die Burg Salla-Klingenstein wohl auch aus dem 13. Jahrhundert stammen. Die Idee die Burg hinter einem dreieckigen Bergfried zu verstecken, ist gerade in der Steiermark im 13. Jahrhundert recht verbreitet. Als Beispiele können Waldstein, Strechau, Pflindsberg, Forchtenstein bei Semriach angeführt werden. In Wirklichkeit ist Salla-Klingenstein aber, wie sich an primär verbauten Detailformen nachweisen lassen kann, ein Produkt des späten 14. oder 15. Jahrhunderts.
An der Feindseite der in 1000 Meter Höhe gelegenen Spornburg erhebt sich ein unregelmäßig dreieckiger Bergfried, mit der beeindruckenden Wandstärke von etwa 250 cm, der seine scharfe Kante dem Angreifer entgegenstellt und damit die hinter ihm liegenden Wohngebäude schützt.
Hinter dem Bergfried liegt ein ca. 20 Meter langes und 7 Meter breites Gebäude, das in etwas reduzierter Breite direkt an den Bergfried angebaut war. Anscheinend gab es keinen Hof zwischen dem Wohngebäude und dem Bergfried.
Das Wohngebäude war vier Stockwerke hoch. Das unterste Stockwerk hatte nur Schießscharten als Maueröffnung, die schon für Feuerwaffen ausgelegt waren. Diese Spatenscharten sitzen primär im Mauerwerk und sind dadurch ein wertvoller Hinweis, daß die im Grundriss sehr konservativ wirkende Burg erst im 15. Jh. errichtet wurde.
An dem vor der Restaurierung erhaltenen Mauerzahn lassen sich darüber noch drei Etagen mit Fenstern in großzügigen Mauernischen nachweisen. Die Stockwerke waren durch Holzböden getrennt, die auf starken Holzbalken ruhten.
Der Zugang erfolgte rechts am Bergfried vorbei, auf einer Holzbrücke oder Holzrampe zu einem breiten Tor in der Längsseite des Wohngebäudes. Der Eingang war durch einen kleinen rechteckigen Turm gedeckt, der an das Wohngebäude angebaut war und wahrscheinlich mit dem Wohngebäude ein gemeinsames Dach hatte.
Das Mauerwerk besteht aus ist aus stark ausgezwickelten Bruchsteinen unterschiedlicher Größe und ist schon stark auf Fläche gearbeitet, es sind keine durchgehenden Abgleichlagen mehr zu erkennen. Trotzdem wirkt es organisierter als das völlig regellose Mauerwerk des Wiederaufbaus aus dem 20. Jahrhundert. Auffallend ist das Fehlen von Eckquadern und anderen Hausteinen. So sind auch die Spatenscharten nicht aus einem großen Steinblock herausgearbeitet, sondern aus einer Vielzahl von kleinen, plattigen Steinen zusammengebastelt, was zu einem eher filigranen Ergebnis führt.
Außergewöhnlich ist auch das verwendete Steinmaterial: weißer Marmor, der auch heute noch in einem nahe gelegenen Steinbruch abgebaut wird.
Die kleine Burg war in ihrer Glanzzeit wohl um einiges umfangreicher als es jetzt auf ersten Blick scheint. Gegen Norden führt ein Stück Zwingermauer zu einer kleinen Bastion unterhalb der Burg.
Vor allem aber findet man oberhalb des Weges Mauerreste über die ganze Länge des Bergsporns, an dessen Ende die Burg liegt. Sie liegen an der höchsten Stelle des Kammes über den der Zugang zur Burg führt und enden an dessen Anfang in einer teilweise aus dem Felsen gehauenen Bastion, deren Grundmauern vor kurzen ausgegraben wurden. Diese Bauten dienten wohl dazu den Zugang zur Burg zu schützen und die Straße über das Gaberl - schon mit Feuerwaffen - zu kontrollieren.
In den letzten Jahren wurden an der Burg umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt, die teilweise schon die Dimension eines Wiederaufbaus angenommen haben. Dadurch nähert sich die Anlage wieder dem Rekonstruktions-Modell von Völkl an, das in den 1950er Jahren für das Burgenmuseum in Alt-Kainach angefertigt wurde.
Die Burg liegt an der Straße über das Gaberl in ca. 1040 m Höhe. Vom Gaberl ca. 6.7 Km in Richtung Köflach zur Kehre "Schlossreihe ". Von dort ca. 5 Min Fußweg leicht bergab bis zur die Spitze des Bergsporns.