Kammerstein
Stmk / Bez. Leoben / Kammern
Die Burg Kammerstein liegt versteckt am Ende eines kleinen Seitental des steirischen Liesingtals, auf drei Seiten umgeben von hohen Bergen. Nur gegen Süden erstreckt sich der offene Teil des Talbodens bis in das Liesingtal hinein.
Etwa 1 Kilometer westlich und 300 Meter höher steht am Kamm der Gföhler Wand die Burg Ehrenfels.
Die Vorburg: Man erreicht den Fuß des Burgfelsens von der nördlichen, dem Berg zugewandten Seite. Hinter einem kleinen Graben erstreckt sich eine ebene, von einer Ringmauer umgebene Vorburg von etwa 30x30 Metern. Piper beschreibt die Ringmauer bei seinem Besuch 1900 noch im Detail, heute sind davon nur noch überwucherte Reste erhalten. An der Westseite, direkt unter dem Bergfried, befindet sich eine kleine Ausfalltür, das von einer winzigen "Bastei", gerade groß genug um einem Mann Platz zu bieten, gedeckt wird. Durch die Türe kann man den Burgfelsen westlich umgehen und gelangt zu einer Höhle, die an der Südseite direkt unter der Burg liegt.
An der Ostseite der Vorburg ist eine Wand eines mehrstöckigen Torturmes erhalten, der direkt am Halsgraben stand (Tor 1). Im ersten Geschoss erkennt man die gemauerte Nische eines Wandschrankes, was als Hinweis auf Bewohnbarkeit zu werten ist. Der Turm dürfte keine gemauerte Rückwand gehabt haben. Man kann wohl davon ausgehen, dass an der Ringmauer der Vorburg Scharten und eventuell ein Wehrgang angebracht waren. Da die Vorburg der einzige ebene Teil der Burg war, darf man hier auch Wirtschaftsgebäude und Ställe vermuten, von denen aber keine Spur mehr vorhanden ist.
Der Zugang zur Hauptburg: Im Süden der Vorburg erhebt sich der ca. dreißig Meter hohe Burgfelsen. Dieser ist gegen die Vorburg hin und an den beiden angrenzenden Seiten absolut senkrecht. Nur an der der Vorburg abgewandten Südseite ist er zwar immer noch unangenehm steil, aber wenigstens ersteigbar.
Während bei vielen österreichischen Burgen ein Fels als Bauplatz gewählt wurde, der an drei Seiten unzugänglich ist und nur an einer Seite verteidigt werden musste, ist der Burgplatz von Kammerstein in seiner natürlichen Form an überhaupt keiner Seite unzugänglich.
Erst durch das Aufführen einer Futtermauer an der Ostseite, auf der ein schmaler Pfad angelegt wurde, war es möglich die senkrechten Wände des Burgfelsens zu umgehen und Zugang zum Burginneren zu erlangen. Dort wendet sich der Burgweg um 180 Grad und führt steil nach oben, wo an der höchsten Stelle, direkt über der Vorburg der Bergfried steht. Dieser einzige Zugang zur Hauptburg war besonders leicht zu verteidigen, weil er zu seiner rechten vom zwanzig Meter hohen senkrechten, teilweise sogar überhängenden Fels und zu seiner linken von dem ebenso tiefen senkrechten Abgrund begrenzt wird.
Zusätzlich wurde der Weg von der Vorburg ins Burginnere von drei Toren gesichert, die den Burgweg abschneiden. Alle drei Tore verbinden den Burgfelsen auf der rechten Seite und die Futtermauer auf der linken Seite.
An der Südseite der Vorburg sind die Reste einer etwa 10 Meter hohen Mauer erhalten, in der wohl das 2. Tor zu vermuten ist. Dahinter ist der Burgweg noch ca. fünf Meter breit und bildet so einen etwa 20 Meter langen Zwinger der sich zum dreitten Tor hin stark verjüngt. Er wird zur rechten von dem senkrechten, teils sogar überhängendem Fels begrenzt, zur rechten von einer in den Steilhang gestellten Futtermauer, die heute schon stark verfallen ist, was die letzten Meter zum Tor 3 zu einem echten Nervenkitzel macht.
Unmittelbar vor Tor 3 wurde die Futtermauer über den Weg hochgezogen und in Form eines Gewölbes an den Felsen angelehnt. Dabei wurde der größe Teil des Gewölbes über einer groben Holzschalung gemuert, deren Abdrücke noch erhalten sind. Der nur wenige m2 große Raum, der sich wegen des überhängenden Felsens nach oben hin auch noch verkleinert, hatte über dem Durchgang noch ein 1. Obergeschoss, das durch ein rechteckiges Fenster belichtet war. Wie man dorthin gelangen konnte läßt sich nicht mehr nachvollziehen.
An einem abgestürzten Mauerstück am Eingang zum Gewölbe kann man von aussen noch den Ansatz eines gemauerten Bogens erkennen, was wohl als gemauerter Sturz einer Fenster- oder Türöffnung zu deuten ist.
Das leicht spitzbogige Tor 3 lag in einer ca. 150 cm starken Quermauer, die außen über die Höhe des Steindaches herausragt und wie ein massiver Pfeiler wirkt. In etwa 3 Metern Höhe über dem ursprünglichen Wegniveau reduziert seich die Mauerstärke um etwa 50 ca..
Unmittelbar hinter dem Tor liegt in Richtung des Abgrundes eine Tür und darüber ein Fenster. Da an dieser Stelle der Abgrund fast 30 Meter tief ist, wird die Tür wohl zu einem Erker oder einem Balkon geführt haben. Auch dieser Abschnitt der Toranlage ist zweigeschossig, ohne erkennbare Deckenkonstruktion zwischen den Geschossen. Die Fenstern hochgelegenen Fenster dürften also nur der besseren Belichtung gedient haben.
Das vierte Tor schließt die Torkammer auf der anderen Seite ab und führt direkt in das Erdgeschoss des vierstöckigen, teils in den Felsen gebauten Torbaus. Die Torkammer ist hier dreigeschossig: Über dem Tor, das heute teils verschüttet und daher nur noch kriechen zu passieren ist, liegt eine weitere Tür, die vom Torbau leicht schräg nach außen führt. Darunter sind 4 hölzerne Kragbalken für einen Gang erhalten, der zu einer Türe in der Torkammer führte. Darüber liegt eine weiteres schmales Fenster oder eine Scharte. Auf dieser Höhe stützt ein Schwibbogen die Wand gegen den danebenliegenden Felsen ab.
Der Torbau befindet sich direkt hinter dem dritten Tor an der untersten, von der Vorburg entferntesten Stelle des stark geneigten Burgfelsens. Er dürfte eine funktionelle Mischung aus Torbau, Batterieturm und Wohnbau gewesen sein.
Während er innen einen leicht länglich rechteckigen Grundriss hat, erkennt man vom Tal aus, dass die Süd- und Ostseite außen stark abgeschrägt sind. Auch wirkt das turmartige Gebäude von außen viel höher als von innen, weil es auf einer tiefen Futtermauer steht.
Im untersten Geschoss, das jetzt stark verschüttet ist, führte Zugang durch das vierte Tor in das Gebäude und dann in einer 90 Grad Drehung nach rechts.
Gegen die Talseite zeigt das unterste Geschoss ein großes Fenster in einer ca. 3 Meter breiten Bogennische.
Im 1.Obergeschoss haben sich zwei Schlüsselscharten in breiten, rundbogigen Nischen erhalten. Das Fußbodenniveau verspringt etwa in der Mitte der Ostseite um ca. einen Meter, wodurch die südliche Hälte mit den beiden Schlüsselscharten eine Raumhöhe von nur knapp über 2 Metern hat.
Im 2. Obergeschoss finden sich ebenso zwei Schlüsselscharten an der Südseite und zusätzlich zwei Fensteröffnungen an der Ostseite. Die Fensternischen sind hier jedoch mit Polsterhölzern versehen, die wahrscheinlich zur Befestigung eine Wandtäfelung dienten, was auf eine Bewohnbarkeit des Raumes hinweist. Der Fußboden läuft hier über die gesamte Etage auf einer Höhe durch, die Fußbodenkonstruktion wird von einem massiven über die Längsseite gespannten Unterzug unterstützt.
Alle Schlüsselscharten richten sich gegen Süden auf das Tal unterhalb der Burg und Otto Piper wunderte sich zu Recht wozu die Scharten dienen sollen, weil jedes mögliche Ziel in dieser Richtung weit außerhalb der Schussweite sein musste. Die Scharten selbst sind nachträglich in ältere Fensteröffnungen eingebaut und übermäßig groß, vielleicht um auf die große Entfernung als Scharte erkannt zu werden.
Von innen scheinen die südlichen Fensteröffnungen symmetrisch um die Mitte des Gebäudes zu liegen. Von außen erkennt man aber, dass sie um ca. 1 bis 2 Meter nach Westen verschoben sind, was die erhebliche Mauerstärke der fensterlosen Ostseite des Gebäudes verdeutlicht.
An der Südwestecke endet der Torbau aussen mit einer deutlichen Abschrägung, innen mit einre über die gesamte Höhe reichenden glatten Kante, die darauf hinweist, dass der Turm an eine älter, aber inzwischen völlig verschwundene Mauer angebaut wurde. Diese ältere talseitige Ringmauer ist auch noch im Bereich von Tor 4 zu erahnen. Weiters ist am westlichen Ende dieser verfallenen Ringmauer, die die untere Begrenzung des Hofs bildete, noch der Rest eines viereckigen Turmes erhalten, dessen Mauerwerk noch die typische Struktur des 13. Jahrhunderts zeigt.
Der Burghof: Auf dem steilen Burgplatz zwischen dem Torbau und dem an der höchsten Stelle stehenden Bergfried, sind heute keinerlei Reste von aufgehenden Mauerwerk zu finden. Zwei Ansichten aus dem 19. Jahrhundert (Reichard und Kaiser) zeigen jedoch eindeutig Gebäude und Mauerreste über den gesamten westlichen Teil des Burgberges. Bei einer Besichtigung im Frühjahr, wenn das Gestrüpp noch nicht die Sicht verstellt, kann man noch geringe Reste davon sehen, insbesondere zwei in ca. 2 Meter Abstand parallel zueinander verlaufende Mauerreste, die quer fast über den ganzen Burgplatz laufen. Auffällig ist, dass die geringen Reste der Mauerstruktur von deutlich höherer Qualität sind als die des Torbaus.
Der Bergfried: An der höchsten Stelle des Burgplatzes, an der Nord-Westecke steht, hoch über der Vorburg, der 4-stöckige Bergfried. Sein Hocheinstieg liegt an der Ostseite. Durch ein darunter liegendes Loch konnte man bis vor kurzem in das Innere schlüpfen, und war überrascht wie winzig der Turm innen ist. Er dürfte wohl den Rekord für den kleinsten Bergfried Österreichs halten. (Man könnte ihn mühelos in der Mauerstärke der Bergfrieds von Schaunberg bei Eferding unterbringen -->Größenvergleich ).
Bei einer Geschoßfläche von nicht einmal ca. 2 x 4 Metern kann man wohl davon ausgehen, dass der Turm nicht wirklich bewohnbar war, zumal ein Teil dieser Fläche noch für eine Treppe, bzw. Leiter aufgegangen sein muss.
Das unterste Geschoss des Bergfrieds war ein fensterloser Raum von ca. 5 Meter Höhe, mit einer Dippelbaumdecke aus direkt nebeneinander liegenden Holzbalken von ca. 18x18 cm, also ein "Verließ" oder Vorratsraum. Die Wandstärke beträgt nur ca. 80 cm.
Darüber liegt das Eingangsgeschoß mit einer ca. 70 cm breiten Tür mit Riegelverschluss. Die äußeren 40 cm der Tür sind als einfacher Rundbogen gemauert, der Rest der Mauerstärke ist mit 3 starken (erhaltenen) Holzbalken von 15x15 cm abgestützt. Es scheint als ob der Eingang ca. 60 cm über dem Fußbodenniveau liegt. (Die Fotos aus dem Inneren des Bergfrieds entstanden um 2000, als der Zugang noch möglich war).
Zwei Lichtschlitze, die in einfachen rechteckigen Nischen liegen, haben das Eingangsgeschoss recht und schlecht erhellt. Bei den Nischen wurden einfache Bretter als Überleger verwendet. Der darüber liegende erste Stock zeigt am ehesten Zeichen von primitiver Bewohnbarkeit: An der Süd- und Nordseite je ein einfaches stichbogig geschlossenes Fenster von ca. 60 cm Breite und 90 cm Höhe. An der Westseite, also über dem Abgrund, eine schmale Türe, die zu einem Abtritt oder Erker über dem ca. 30 Meter tiefen Abgrund führte. Die Türe ist jetzt vermauert, wohl um der Erosion keinen Angriffspunkt zu geben.
Der Fußboden bestand aus Balken in ca. 80 cm Abstand, die wohl mit Holzplanken belegt waren.
Im zweiten Stockwerk sind keine Fensteröffnungen mehr zu sehen.
Das Mauerwerk des Turmes ist denkbar einfach. Trotzdem ringt einem der Blick durch die im Verließ ausgebrochene Öffnung gegen die Vorburg Hochachtung vor den Erbauern ab, die auf dieser gegen alle Seiten senkrecht abfallenden Felsspitze einen Turm gebaut haben. Auch die Maurer die den Turm - wohl in der frühen Renaissance - mit aufgeputzten Eckquadern verhübscht haben, verdienen unsere Anerkennung für ihren Mut. Dabei wurde auch der ganze Turm verputzt, die viereckigen Rüstlöcher blieben aber erhalten, wohl ein Hinweis, dass die ursprünglichen Rüstlöcher des Turmes wiederverwendet wurden.
Links unterhalb des Hocheinstieges sind noch geringe Reste von älterem, weißen Verputz mit aufgemalten roten Quaderecken zu erkennen, ein Beweis dafür, dass der heute sichtbare gelbliche Verputz und die aufgeputzen Eckquadern sekundär sind.
Die Ringmauer: Südöstlich des Bergfrieds schließt sich eine ca. 6 Meter hohe Ringmauer an, die scharf an der Kante des Burgfelsens gegen die Vorburg hin steht. Seltsamerweise ist sie nicht stumpf an den Bergfried angebaut, sondern steht um Mauerstärke weiter außen, sodass sich nur die beiden Eckpunkte der Bauwerke berühren. Sie weist in ca. 4 Meter Höhe einen Rücksprung der Mauerstärke auf, wahrscheinlich ein Wehrgang. Bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass der niedere innere und der äußere höhere Teil zwei aneinander gestellte, separat errichtete Mauern sind .
Die Mauer beschreibt, dem Felsabbruch folgend, eine leichte Kurve, die in gerade Mauerstücke aufgelöst ist. Dabei ist die Außenmauer dreimal gebrochen, und wirkt von außen fast rund, die Innenmauer nur zweimal, wodurch der Wehrgang an dieser Stelle etwas breiter wird. Um diese Erweiterung steigt die Außenmauer in Form eines Treppengiebels an, und auf Höhe des Absatzes führt eine Rundbogentür nach außen, wohl zu einem Erker. Neben der Tür zwei kleine rechteckige Mauernischen.
Der Burgfelsen ist an der Innenseite der Mantelmauer in einem Abstand von ca. 3 Metern deutlich flacher und gegen den restlichen Burgplatz abgesetzt , was in Zusammenhang mit dem Mauerrücksprung, der Türöffnung 4 Meter über dem Mauerfuß und den Balkenlöchern über dem Einstieg zum Bergfried auf ein weiteres, heute völlig verschwundenes Gebäude hinweisen könnte.
An der Innenseite der Ringmauer ist ein geradlinig abgegrenztes dreieckiges Stück ausgebrochen, mit einem weiteren geraden Stück das senkrecht nach unter führt, sodass das ganze Gebilde wie ein Wimpel aussieht. Wenn man diesen nun genauer betrachtet erkennt man, dass es sich dabei um Kanäle handelt die durch eingemauerte, nun verrottete, hölzerne Fachwerkbinder geschaffen wurden. In Abstand von ca. 4 Metern waren in der Mitte der Mauerstärke jeweils senkrechte Balken eingemauert, die dann durch weitere 45Grad schräge Streben verbunden waren. Außer dem "Wimpel" sieht man nun alle vier Meter am Mauerfuß eine kleine ausgewaschene Öffnung, weil das in den senkrechten Kanälen eingedrungene Wasser die Mauer am Fuß zerstört hat.
Weiters finden sich entlang der Mauer verteilt runde horizontale Rüstlöcher, durch die man nun durch die Mauerstärke schauen kann. So manche darin steckende Cola-dose definiert den Durchmesser des Rüstloches als den einer Alu-Getränkedose. Das Mauerwerk der Ringmauer ist einfachstes, unschönes Bruchsteinmauerwerk mit deutlichen Ausgleichslagen alle 70 cm.
Diese Verwendung von Holz aus Baustoff in der Burg, die absolute Sicherheit der Lage und das völlige Fehlen des an die Ringmauer angebauten Gebäudes könnten darauf hindeuten, dass dieses in Holz- oder Fachwerkbauweise errichtet war. Die älteste Darstellung der Burg auf dem sogenannten "kleinen Mariazeller Wunderalter", eine der Donauschule zugeschriebene Votivtafel aus 1512, die heute im Landesmuseum Joanneum ausgestellt ist, zeigt auch mehrere solche Fachwerkbauten. Das Bild zeigt die wundersame Errettung eines Kindes, das aus einem der Fenster über dem Burgfelsen abgestürtzt ist und dabei unversehrt blieb. Wer Kammerstein besichtigt hat weiß, dass das entweder frei erfunden oder wirklich ein Wunder ist.
Obwohl man davon ausgehen muss, dass das Bild nur eine symbolische Darstellung der Burg Kammerstein zeigt, so könnten die Bauten doch rechts den - viel zu nieder dargestellten - Torbau mit den Scharten, links davon die heute völig verschwundene talseitige Ringmauer und ganz links den heute ebenfalls bis auf eine Mauerecke verschwundene westlichen Turm darstellen. Im Hintergrund dann von rechts den hohen Wohnturm, die Fachwerkbauten an der bergseitigen Ringmauer und den Bergfried.
Der Wohnturm: Südlich an die obere Ringmauer anschließend, sind die Reste eines mächtigen Turmes mit unregelmäßigem Grundriss. Dieser war sicherlich größer und wesentlich stärker als der Bergfried, und dürfte das älteste Wohngebäude der Burg gewesen sein. Der Grundriss hatte etwa die Form eines unregelmäßigen Fünfeckes, wobei dem tief darunter liegenden Burgweg zwei in stumpfem Winkel zu einander stehende Seiten, und dem feindfreien Burgplatz der spitze Winkel zugewandt war. Der Grund für die fünfeckige Ausführung war also offensichtlich nicht eine militärische wie bei anderen 5-eck Türmen, sondern die Anpassung des Grundrisses an die örtlichen Gegebenheiten. Auffällig sind die unterschiedlichen Mauerstärken. Die beiden feldseitigen Mauern sind 200 bis 300 cm, die hofseitige nur ca. 40 cm stark. Anscheinend wurde die nach außen gerichtete Seite innen doubliert und so wesentlich verstärkt. Da ist es wenig verwunderlich, dass die beiden Außenseiten noch drei Stockwerk hoch erhalten sind, von den Hofseiten dagegen nur noch ein bescheidener Rest.
Der Turm hatte ursprünglich mindestens drei, wahrscheinlich vier Stockwerke. Er steht an einer Felsstufe, die fast den gesamten Höhenunterschied von ca. 15 Metern zwischen der oberen Ringmauer und dem Eingang zur Hauptburg überbrückt. Er hatte also sowohl einen Zugang in das Erdgeschoß vom 2.OG des Torbaues aus, als auch einen weiteren in den zweiten Stock von der oberen Ringmauer aus.
An den Balkenlöcher läßt sich noch die Raumeinteilung erkennen. Dabei fällt auf, dass die erste Balkendecke erst in ca. 5 Metern Höhe zu finden ist. Vielleicht war darunter ursprünglich noch ein Gewölbe eingezogen.
Im ersten Obergeschoss führte eine heute vermauerte Rechtecktüre durch die etwa 4 Meter starke Mauer zu einem Erker. Auch im 2.Obergeschoss lageine Tür an der Aussenseite, die zu einem Balkon führte, dessen Halzbalken an der Aussenseite noch zu sehen sind.
Das Fundament des Turmes steht an der Feindseite über einer natürlichen Felsspalte, die künstlich erweitert und geglättet wurde. So entstand ein knapp schulterbreiter und ca. 150 cm tiefer Gang, der aus dem Inneren des Turmes heraus, halsbrecherisch steil nach unten in den Torzwinger führt. Er ist überdeckt von einem breiten Stützbogen, der die fast drei Meter dicke Mauer trägt und zeigt heute keinerlei Anzeichen von Versperrbarkeit. Von außen wirkt das Gebäude als ob es mit gegrätschten Beinen über der Felsspalte stehen würde.
Über des Sinn dieser Einrichtung kann man nur Vermutungen anstellen :
Eine mögliche Erklärung ist eine Poterne (Ausfalltür), die Entlastungsangriffe in den Zwinger ermöglichte. Ein solcher Angriff wäre aber nur für alpinistisch ausgebildete Verteidiger möglich.
Eine weitere Möglichkeit wäre eine Transportöffnung für sperrige Güter (z.B. Balken etc.) die nicht durch den verwinkelten Torbau in die Burg transportiert werden konnten.
Eine dritte, recht gewagte, Erklärung wäre, dass dies der alte Hauptzugang zur Burg war, bevor die Futtermauer mit dem jetzigen Zugang errichtet wurde.
Am Fuße des Turmes führt ein in den Felsen gehauener Gang zu einem Platz hoch über der Torkammer die vor dem dritten Tor liegt .