Reifenstein ist ein schönes Beispiel für eine
Burg die über Jahrhunderte hinweg ständig erweitert und ausgebaut wurde.
Dadurch wurde aus einer ursprünglich kleinen Burg eine recht ansehnliche
Festung.
Heute ist Reifenstein eine stark einsturzgefährdete Ruine, deren
Betreten nicht ganz zu Unrecht untersagt ist.
Reifenstein liegt in nicht sehr begünstigter
Lage am Nordabhang des Falkenberges. Etwa 100 Meter über dem Tal löst sich
eine felsige Kuppe aus dem Hang, auf der um 1300 die erste Burganlage errichtet
wurde. Die Felskuppe ist etwa 40 Meter lang und nur 10 Meter breit. Dadurch
entstand unter Ausnützung des Geländes eine ebenso große längsrechteckige
Burg.
Diese hatte an der gefährdetsten Seite - im Süden, gegen den Berg hin
gerichtet - einen viereckigen Bergfried mit leicht verzogenem Grundriss. Die
schmälere Vorderseite ist etwa 8 Meter lang, die hintere der Burg zugewandte
Seite etwa 10 Meter. Die Mauerstärke im untersten Geschoß beträgt etwa 2
Meter. In den beiden untersten Geschoßen des Bergfrieds wurden sekundäre
Tonnengewölbe eingebaut. Im Keller sind knapp unter dem Gewölbe noch die
Balkenlöcher der alten Holzbalkendecke zu sehen.
Heute steht vom Bergfried nur noch ein hoher schlanker Mauerzahn der Südecke.
An den Abbruchkanten kann man noch mehrere erstaunlich gut erhaltene, hölzerne
Maueranker sehen. Das oberste Stockwerk war wahrscheinlich nachträglich
aufgesetzt.
Hinter
dem Bergfried erstreckte sich, nicht breiter als der Bergfried aber etwa 25
Meter lang, die eigentliche Burg. Zuerst folgte direkt hinter dem Bergfried ein
kleiner Hof von etwa 8x8 Metern, danach der längsrechteckige Palas von etwa
8 x 16 Metern. Der Zugang lag im Nordwesten und führte direkt hinter dem
Bergfried in den Hof.
Der erste größere Ausbau dürfte eine Vorburg
gewesen sein, die südlich vor dem Bergfried errichtet wurde. Das erste Burgtor
führte nun von Westen her in die Vorburg. Von dort führte der Burgweg unter
dem Bergfried vorbei, dann gegen Norden in einen Zwinger entlang der östlichen
Längsseite der Burg und von dort durch das alte Burgtor in den inneren Hof.
Einen kompletten Umbau erfuhr der Palas und der
innere Burghof um das Jahr 1400.
Dabei wurde der Großteil der Wohnfläche im Erdgeschoß für eine Kapelle
aufgegeben, die man nur als völlig überdimensioniert bezeichnen kann : Der 5/8
Chor, der noch großteils erhalten ist verstellt fast die gesamte Hoffläche,
und das Schiff, das jetzt fast völlig verschüttet ist und durch einen
spitzbogigen Bogen vom Chor getrennt war, muß etwa die Hälfte der
Erdgeschoßfläche des Palas eingenommen haben.
Piper beschreibt um 1900 - die Gunst seiner frühen Geburt ausnützend - daß
östlich des Chores ein schmaler Zugang zum Palas bestanden hat. Dieser ist
heute nur noch ein überwucherter Schutthaufen.
Die
Kapelle ist nicht nur im Grundriß sondern auch in ihrer Höhe ein
beeindruckendes Gebäude. Die Höhe des Chores muß bei nur 5
Metern Länge fast 10 Meter betragen haben. Heute liegt der Schutt geschätzte 5 Meter
hoch über dem Kapellenfußboden, und man muß heute auf dem Bauch durch den
spitzbogigen Chorbogen kriechen, der einst den Chor von Schiff trennte.
Das Kirchenschiff war wesentlich niederer und hatte ein
Kreuzgratgewölbe mit 2 Jochen.
Nördlich, hinter der Kapelle befand sich noch ein etwa 6 Meter langer Teil des
Palas, über dessen Verwendung man kaum noch eine Aussage machen kann, weil er
fast völlig zerstört ist. Nur tief unter dem Schuttniveau sind noch zwei
tonnengewölbte Kellerräume erhalten - die man nur am Bauch kriechend
erreichen kann. Das Tonnengewölbe ist sekundär und stammt aus der Spätgotik.
In den Zwickel zwischen Kapelle und Bergfried wurde ein winziges Gebäude von
nur 2x4 Metern gestellt, das auf zwei Geschoßen eine spitzbogige Tür zum Hof
hatte. Pipers Behauptung , daß es sich dabei um den einzigen Zugang zum
Bergfried handelt kann man heute nicht mehr nachvollziehen.
Wahrscheinlich
im 15. Jh. wurde an die talseitige Schmalseite des Palas eine Erweiterung
angebaut. Sie steht auf einer Felsstufe etwa ein Stockwerk unter dem alten Palas
und ist durch eine deutliche Baufuge als Anbau zu erkennen. Nahe der Baufuge hat
sich im Anbau ein senkrechter mit Holz ausgefütterter Kanal erhalten,
wahrscheinlich ein Abtrittschacht. Auch bei diesem Anbau ist die Nord-West-Ecke
fast völlig verschwunden.
Die
nächste Erweiterung der Burg fand ca. 1520 statt, und hat die
verbaute Fläche der Burg fast verdreifacht.
An die Vorburg wurde außen ein Wohn - und
Wirtschaftsgebäude angebaut. Da die Ringmauer hart am felsigen Abhang stand,
reicht dieses Gebäude tief nach unten, weit unter das Niveau der Vorburg. Ich
habe mich nur bis in das erste Kellergeschoß vorgewagt, und von dort mit der
Taschenlampe in das stockdunkle, verfallende Treppenhaus geleuchtet, das noch
weit, weit nach unten führt. Platz wäre noch für mindestens ein,
wahrscheinlich sogar zwei weitere Kellergeschoße.
An der Nord-Ostecke des Gebäudes befindet sich ein Raum mit einem hohen
Pyramidenkamin und mindestens einem Ausgussstein ( schöne neue Rechtschreibung
), also wahrscheinlich eine Küche. Daran schließt sich ein weiterer
tonnengewölbter Raum, der wahrscheinlich ebenfalls noch zur Küche gehört hat. Danach
folgt das Treppenhaus in die unteren Kellerräume, und zwei weitere
tonnengewölbte Räume, jeder nur von einer Schießscharte erhellt, und wohl
kaum bewohnbar.
Die
bergseitige Mauer ist noch etwa 20 Meter länger als das Gebäude und endet in
einem gewaltigen Eckrondell. Dieses hat etwa 10 Meter Innendurchmesser und eine
Wandstärke von 180 cm.
Der Turm war als Schalenturm ausgeführt, also an der Innenseite offen, und
hatte Laufgänge auf mehreren Etagen, mit Schießscharten für Feuerwaffen
verschiedener Größe.
Wahrscheinlich waren nur die Wehrgänge nicht aber der Turm selbst mit einem
Dach versehen .
Das Fundament des Rondell wurde nachträglich mit einem kegelstumpf-förmigen
Tallus verstärkt.
Vom Rondell aus zieht eine Wehrmauer von
beachtlicher Höhe parallel zur Längsachse der Hauptburg talwärts .
Das Gelände fällt hier steil ab , und die Ringmauer folgt diesem Gefälle.
Dabei ist die Mauerkrone eine gerade abfallende Linie, der dazugehörige
Wehrgang ist in mehrere kurze waagrechte Stücke aufgeteilt, die durch Treppen verbunden sind. Die Wandstärke der Ringmauer beträgt 170
cm und nimmt
nach oben hin nicht ab. Nur beim Wehrgang springt die Mauerstärke etwas ein.
Die Zinnen der Wehrmauer lagen unzugänglich über dem Dach des Wehrganges,
dienten also nur zur Zier. Die Verteidigung erfolgte aus sich abwechselnden
Schlüsselscharten und Schlitzscharten. Über dem Haupttor wurde die schräg
nach oben verlaufende Zinnenreihe zu einer turmartigen Front aufgestockt.
Am Fuße der Ringmauer befindet sich eine kleine Anzahl von Scharten, die in
tiefen Nischen liegen. Sie sollten den Graben selbst kontrollieren,
während der höher liegende Wehrgang wohl gegen das Vorfeld jenseits des Grabens
gerichtet war.
Sowohl am Batterieturm als auch an der Ringmauer sind über den Schlitzscharten noch
Scharniere zu erkennen . An ihnen waren hölzerne Läden
befestigt , die zum Schießen nach oben geklappt wurden.
Etwa in der Mitte des Mauerverlaufes der
Wehrmauer ist von
außen eine deutliche vertikale Baufuge zu sehen.
Hier geht die Wehrmauer in die Außenseite eines länglichen Gebäudes mit
Tonnengewölbe und seitlichen Stichkappen über. Während die Mauerflucht außen
bündig weiterläuft, verspringt sie innen wegen der reduzierten Mauerstärke um
fast einen Meter. Hier wollte man also nach außen hin den wehrhaften Schein wahren.
Das Gebäude wird allgemein als Stall bezeichnet. Es hatte eine Gesamtlänge von
30 Metern und ist jetzt zur Hälfte eingestürzt. Über dem Stall lag noch ein
weiteres Geschoß , das wahrscheinlich bescheidenen Wohnzwecken gedient hat ,
darüber setzte sich der Wehrgang bis an das talseitige Ende der Wehrmauer fort.
Ab
dem Stall fällt die Oberkante der Wehrmauer nicht mehr parallel zum Gelände,
sondern verläuft horizontal - und daher immer höher werdend - bis zum tiefsten
Punkt des Geländes, und von dort - ebenso horizontal und daher immer niederer
werdend - wieder hinauf zum Palas. Die reduzierte Mauerstärke in diesem Bereich
und die übermäßige Höhe führten auch prompt zum völligen Verfall dieses
Mauerstücks. Auch der am tiefsten Geländepunkt stehende Rundturm ist akut
einsturzgefährdet.
Außerhalb der Wehrmauer liegt ein breiter, wohl
künstlicher Graben, dessen Außenseite senkrecht ausgemauert ist.
Zwei Zugänge führten auf hölzernen Brücken über diesen etwa 20 Meter
breiten Graben in die Burg.
Der obere Zugang lag knapp unterhalb des großen Rondells, ca. 6 Meter hoch in der
Ringmauer. Das Tor ist rundbogig und mit einem schönen Hausteingewände
versehen. Erstaunlicherweise lassen sich an dem Tor keinerlei
Verschlussmöglichkeiten erkennen. Die Brücke führte durch das Tor, und getragen von weiteren Pfeilern
in gut 6 Metern Höhe über den inneren Burggraben zum äußeren Burgtor der
Altburg. Dabei mußte die innere Brücke einen Linksknick machen und auch einen
deutlichen Höhenunterschied überwinden.
Das
äußere Burgtor der Altburg ist heute fast völlig verschüttet. Nur ein
kleines Stück eines Rundbogens ragt aus einem Schutthaufen der einmal der
Torbau war.
Nun konnte man ja mit den Pferden schlecht 6
Meter tief von der Brücke in den Graben springen um sie in den Stall zu
stellen. Daher gab es weiter unten, knapp neben dem Stall ein zweites kleineres
Tor, diesmal etwa auf natürlichem Niveau .
Während das große Rondell gleichzeitig mit der
Wehrmauer errichtet wurde, sind die beiden kleineren runden Ecktürme
nachträglich angebaut. Besonders schön zu sehen ist das im Bereich der Küche,
wo zwei Fenster, die einst wohl ins Freie gingen, zu einem Zugang zum Turm
umgebaut wurden.
Ein weiterer wahrscheinlich zeitgleicher Rundturm wurde mittig an die Westseite
der Hochburg angebaut.
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